"Im falschen Film"

Fernsehteam filmt in der Psychiatrie - Patient fordert Schmerzensgeld

onlineurteile.de - Ein junger Mann - noch in der Ausbildung - wurde wegen akuten Ausbruchs einer schizophrenen Psychose in eine geschlossene psychiatrische Station eingeliefert. Wenig später erschien in dieser Klinik-Abteilung ein Filmteam, um für einen privaten Fernsehsender eine Dokumentation zu drehen. Dessen viel versprechender Titel lautete: "Das Wüten des Wahnsinns - Alltag in der Psychiatrie".

Vor dem Dreh bat der ärztliche Direktor die auf dem Gang versammelten Patienten, auf ihr Zimmer zu gehen, wenn sie nicht gefilmt werden wollten. Der Regisseur bekräftigte, es werde nur gefilmt, wer damit einverstanden sei und fragte, wer mitmachen wollte. Der junge Mann blieb und versuchte sogar, sich während der Aufnahmen ins Bild zu drängen. Als es ihm später besser ging, fand der Patient den Gedanken unerträglich, dass die Aufnahmen im Fernsehen gezeigt werden sollten. Er konnte es jedoch nicht mehr verhindern. Prompt meldeten sich Mitschüler, die ihn gesehen hatten.

Nun verklagte der Patient den Regisseur, die Produzentin, den Fernsehsender und den ärztlichen Direktor des Krankenhauses auf Zahlung von Schmerzensgeld. Die Aufnahmen seien ohne seine Einwilligung entstanden, warf er ihnen vor. Keineswegs, konterten die so Beschuldigten. Wenn ein Patient nach der klaren Aufforderung, mitzuwirken oder das Zimmer aufzusuchen, dabei bleibe - habe er sich doch wohl für Letzteres entschieden.

So einfach lägen die Dinge hier nicht, erklärte das Landgericht München I, nachdem es sich von einem Sachverständigen hatte beraten lassen (7 O 12954/05). Der Patient sei im Zustand der "psychotischen Ambivalenz" zu einer rationalen Entscheidung gar nicht fähig. Für die akute Phase dieser seelischen Krankheit sei es gerade typisch, dass sich der Patient "mal so, mal anders und dann auch wieder gar nicht entscheide". "Impulshaftes und provokantes Verhalten - wie das Sich-ins-Bild-Drängen - gehöre zum Krankheitsbild".

Dieses Verhalten als Genehmigung der Filmaufnahmen auszulegen, sei abwegig - zumindest dem ärztlichen Direktor hätte aufgrund seines Fachwissens klar sein müssen, dass es vielmehr als Ausdruck der akuten schizophrenen Psychose zu bewerten war. Der Schüler sei ohne sein Einverständnis gefilmt worden. Als Ausgleich für diesen schwerwiegenden Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte stehe ihm eine Entschädigung von 30.000 Euro zu (da müssten die Beklagten "zusammen legen"). (Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt!)