Ist das Vorfahrtsrecht zweifelhaft ...
onlineurteile.de - Autofahrer X wollte an einer Kreuzung nach links in die R-Straße abbiegen. Dabei stieß er mit dem von rechts kommenden Motorroller von Y zusammen. Eine hohe Hecke versperrt an dieser Einmündung die Sicht. Die Fahrer konnten sich kaum sehen. Im Nachhinein warfen sie sich gegenseitig vor, die Vorfahrt missachtet zu haben.
Tatsächlich war die Lage an dieser Kreuzung aber so unübersichtlich, dass nicht einmal das Landgericht Saarbrücken eine eindeutige Stellungnahme zur Vorfahrt abgeben mochte (13 S 17/11). Einerseits diene dieser Teil der R-Straße der Zufahrt zu einem Platz, erklärte das Landgericht, von daher wäre er "untergeordnet". Andererseits besagten aber die Straßenschilder das Gegenteil. Straßenbelag und die Ränder der Fahrbahn seien identisch gestaltet, ließen keine Vorfahrt erkennen.
Mangels klarer Regelung müsste man hier eher an "rechts vor links" denken, so das Landgericht. Auf jeden Fall sei die Sicht so schlecht und die Lage so zweifelhaft, dass Verkehrsteilnehmer besonders aufpassen müssten. Niemand dürfe angesichts einer so unklaren Situation auf Vorfahrt vertrauen.
In so einem Fall gelte für alle Verkehrsteilnehmer das Gebot der Rücksichtnahme, das bedeute konkret: Geschwindigkeit reduzieren, bremsbereit sein. Vorsichtig einfahren, damit man notfalls anhalten könne, und den kreuzenden Verkehr aufmerksam beobachten. So hätten X und Y den Zusammenstoß vermeiden können. Für den Schaden hafteten sie je zur Hälfte, weil sie in gleichem Maß zum Unfall beitrugen.