Keine gläsernen Versicherungsnehmer ...

Kunden müssen Ärzte nicht umfassend von der Schweigepflicht entbinden

onlineurteile.de - Eine Beamtin, die wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden war, beantragte Leistungen von ihrem Lebensversicherer, mit dem sie einen Lebensversicherungsvertrag mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgeschlossen hatte. Nun sollte die Versicherungsnehmerin - wie in den Versicherungsbedingungen vorgesehen - diverse Personen und Institutionen (Versicherer, Behörden, Ärzte, Kliniken, Pfleger, Arbeitgeber, Sozialversicherungsträger) ermächtigen, den Versicherer über ihren Gesundheitszustand zu informieren.

Eine solche Generalvollmacht wollte die Frau nicht erteilen. Sie bot dem Versicherungsunternehmen an, konkrete Personen oder Institutionen von der Schweigepflicht zu entbinden, wenn es eine bestimmte Auskunft wünsche. Auf diese Art und Weise könne er den Versicherungsfall nicht beurteilen, konterte der Versicherer. Nun zog die Frau vor Gericht, um klären zu lassen, ob sein Verlangen berechtigt war. Zunächst zog sie den Kürzeren, erst eine Verfassungsbeschwerde führte zum Erfolg.

Die Versicherungsnehmer generell zu verpflichten, behandelnde Ärzte und andere von der Schweigepflicht zu entbinden, sei unzulässig, entschied das Bundesverfassungsgericht (1 BvR 2027/02). Die einschlägige Vertragsklausel sei unwirksam, weil sie die Versicherungsnehmer benachteilige und ihnen jede Möglichkeit zur eigenen Entscheidung nehme. Vertragsbedingungen der Versicherer seien für die Kunden quasi nicht verhandelbar, die Unternehmen könnten uneingeschränkt den Vertragsinhalt bestimmen. Daher sei es die Aufgabe des Rechts, die Grundrechte der Vertragspartner zu wahren.

Gäbe die Versicherungsnehmerin nach, könnte sie nicht mehr kontrollieren, welche sensiblen Informationen über sie in Umlauf gerieten. Die Klausel sei so weit gefasst, die Personen und Stellen so allgemein umschrieben, dass für den Versicherungsnehmer nicht abzusehen sei, welche Auskünfte von wem eingeholt werden können. Das beeinträchtige den Datenschutz und das Selbstbestimmungsrecht der Versicherungsnehmer.