Kfz-Reparatur viel teurer als geschätzt

Haftpflichtversicherung darf trotzdem nicht auf Totalschadensbasis abrechnen

onlineurteile.de - Bei einem Unfall wurde das Auto von Herrn P schwer beschädigt, die Schuld des Unfallgegners stand von vornherein fest. Ein Kfz-Sachverständiger schätzte die Reparaturkosten auf 10.600 Euro und den Wiederbeschaffungswert des Wagens auf 12.800 Euro. P beauftragte eine Werkstatt mit der Reparatur. Als die Mechaniker das Auto zerlegt hatten, stellte sich heraus, dass der Schaden gravierender war als angenommen.

Sie riefen den Sachverständigen an, der den Wagen nochmals untersuchte und dann die Reparatur frei gab. Der Autobesitzer wurde über die Mehrkosten nicht informiert. Als sich P zwischendurch erkundigte, teilte man ihm mit, "mit der Versicherung sei alles geregelt". schließlich kam die böse Überraschung: Die Rechnung der Werkstatt betrug 18.423 Euro. Damit lagen die Reparaturkosten bei ca. 144 Prozent des Wiederbeschaffungswerts.

Der Haftpflichtversicherer des Unfallgegners rechnete deshalb auf Totalschadensbasis ab, d.h. er ersetzte nicht die Reparaturkosten, sondern den Wiederbeschaffungswert des Autos (minus Restwert von 1.500 Euro). Dazu sei er berechtigt, argumentierte der Versicherer, denn die Werkstatt habe schon vor Beginn der Reparatur erkannt, dass die Kosten die 130-Prozent-Grenze übersteigen würden.

Um den Differenzbetrag von fast 7.500 Euro wurde gestritten. Der Autobesitzer trat seine Forderung an die Werkstatt ab, die den Haftpflichtversicherer auf Zahlung verklagte. Er müsse die gesamten Reparaturkosten tragen, entschied das Oberlandesgericht Saarbrücken (4 U 112/11-34-). Dass Herr P seine Rechte an den Werkstattinhaber abgetreten habe, gehe in Ordnung.

Und P selbst hätte vollen Schadenersatz verlangen können — das Wissen des Sachverständigen und der Werkstatt um die Mehrkosten müsse er sich nicht zurechnen lassen. Ihm sei es auch nicht anzulasten, dass die Werkstatt ihren Reparaturauftrag eigenmächtig erweitert habe und am Ende die Kosten höher lagen als der Wiederbeschaffungswert. Der Unfallgeschädigte sei auf das Urteilsvermögen der Kfz-Experten angewiesen: Ohne eigene Sachkunde könne er deren Auskünfte nicht kritisch hinterfragen.

Im Übrigen hätten auch die Mechaniker das Ausmaß der Mehrkosten nicht gleich erkannt. Die Notwendigkeit, die Kostenkalkulation zu ändern, habe sich erst beim Zerlegen des Wagens ergeben. Wenn während der Reparatur ein verdeckter Schaden auftauche, müsse nicht der Unfallgeschädigte die Folgen tragen. Er müsse nicht für Versäumnisse und Irrtümer der Personen einstehen, die in seinem Auftrag das Auto untersuchten und reparierten.