Kinder von der Schule ferngehalten

Trotz religiösem Motiv: Sanktionen gegen die Eltern wegen Verstößen gegen die Schulpflicht sind rechtens

onlineurteile.de - Ein tiefreligiöses Ehepaar fühlt sich verpflichtet, bei der Kindererziehung den Maßstäben der Bibel wortgetreu zu folgen. Um ihre Töchter von weltlichen Einflüssen fernzuhalten, verboten die Eltern den Besuch der Gesamtschule und ließen die Kinder zu Hause unterrichten. Wegen Verstoßes gegen die Schulpflicht wurden sie deshalb vom Landgericht (mit Strafvorbehalt) verwarnt. Vergeblich legten die Eltern gegen diese Entscheidung Verfassungsbeschwerde ein und pochten auf die verfassungsmäßig garantierte Religionsfreiheit.

Das Ehepaar könne nicht verlangen, dass die Kinder vollständig von fremden Ansichten und anderen Glaubensrichtungen unbehelligt bleiben, erklärte das Bundesverfassungsgericht (2 BvR 1693/04). In einer demokratischen Gesellschaft hätten unterschiedliche Religionen und Überzeugungen ihren Platz. An den demokratischen Prozessen einer pluralistischen Gesellschaft sollten alle Staatsbürger teilhaben und dies müsse man lernen. Die allgemeine Schulpflicht diene nicht nur der Vermittlung von Wissen, sondern auch dem legitimen Ziel, diesen staatlichen Erziehungsauftrag zu verwirklichen.

Es sei nicht zu beanstanden, dass gemäß Lehrplan im Biologieunterricht die Evolutionstheorie behandelt werde und die Schöpfungsgeschichte im Fach Religion. Den Kindern im Sexualkundeunterricht Kenntnisse über geschlechtlich übertragbare Krankheiten und über Methoden der Empfängnisverhütung zu vermitteln, verletze keineswegs die gebotene weltanschauliche Neutralität des Unterrichts.

Ein bewusster Verstoß gegen Rechtsnormen wie die Schulpflicht sei allenfalls als letzter Ausweg aus einem Gewissenskonflikt zu tolerieren - im konkreten Fall jedoch nicht. Die Eltern hätten ihre Töchter auch von weltanschaulich neutralen Unterrichtsfächern wie Mathematik und Fremdsprachen abgemeldet. Sie sähen einen Konflikt zwischen Glauben und Schulpflicht, hätten aber nie versucht, ihn konstruktiv zu lösen. Kein einziges Mal seien sie zu Elternabenden gekommen, um ihre Bedenken zu formulieren.