"Kinderfreundliche" Wohnung war kinderfeindlich
onlineurteile.de - Eine alleinstehende Mutter suchte für sich und ihr Kind eine neue Bleibe. Sie hatte wohl schon schlechte Erfahrungen gemacht. Jedenfalls legte sie bei den Verhandlungen mit den Mitarbeitern der Vermieterin - einer Immobilienfirma - großen Wert darauf, dass die Wohnung "kinderfreundlich" sein müsse: Sie wolle auf keinen Fall Ärger mit anderen Mietern, wenn das Kind spiele, erklärte sie.
Es wurde ein Mietvertrag geschlossen. Kaum besuchte die Frau mit ihrem Sprössling die Wohnung, um Umzug und Einrichtung zu planen, war auch schon die Mieterin der Wohnung darunter zur Stelle. Sie beschwerte sich über Lärm und drohte trotz guten Zuredens massiven Protest an, sollten weiterhin "kindliche Geräusche" an ihr Ohr dringen. Später stellte sich heraus, dass rund um die Wohnung der Frau eine Art Lärmschutzzone entstanden war: Alle Wohnungen standen leer.
Verständlich, dass die neue Mieterin mit einer derart kinderfeindlichen Nachbarin nicht unter einem Dach wohnen wollte. Sie erklärte der Immobilienfirma, sie fechte den Mietvertrag wegen Irrtums an. Denn der gemieteten Wohnung fehle eine Eigenschaft, die für ihre Mietentscheidung ausschlaggebend sei. Niemals hätte sie den Vertrag unterschrieben, wenn sie das gewusst hätte.
Doch die Vermieterin akzeptierte den Rückzug nicht und forderte Miete, es kam zum Rechtsstreit. Das Landgericht Essen wies die Klage der Vermieterin ab (15 S 56/04). Der Mietvertrag sei unwirksam, erklärten die Richter. Denn die junge Mutter habe den Mitarbeitern der Immobilienfirma vor Vertragsschluss eindringlich klargemacht, wie wichtig ihr der Punkt "Kinderfreundlichkeit" war. Die Mieterin schulde dem Vermieter deshalb keine Miete, entschieden die Richter.