"Kitzeln ist keine Körperverletzung"
onlineurteile.de - Die beiden Mädchen, sieben und acht Jahre alt, wollten zusammen zum Spielplatz. A holte B im Einfamilienhaus ihrer Eltern ab. Im Treppenhaus kitzelte B ihre Freundin. Diese wich nach hinten aus und fiel so unglücklich gegen eine scharfe Abbruchstelle am Holzgeländer, dass sie eine Schnittwunde im Gesicht davontrug. Die Eltern von A klagten im Namen ihrer Tochter auf Schmerzensgeld. Als Dauerschaden sei eine Narbe geblieben, trugen sie vor, psychische Störungen könnten die Folge sein.
Diesen Unglücksfall habe sich niemand vorzuwerfen, erklärte das Amtsgericht Prüm und wies die Klage ab (6 C 381/04). Kitzeln sei schließlich keine Körperverletzung! Meist empfänden Kinder Kitzeln ihrer Spielkameraden als angenehm, in der Regel reagierten sie deshalb durch Lachen und Zurückkitzeln, nicht durch Ausweichen. Dass A gegen das Treppengeländer gefallen sei, stelle einen bedauerlichen Unglücksfall dar.
Auch die Kritik, die Eltern von B hätten ihre Aufsichtspflicht verletzt, gehe ins Leere: Denn Kinder in diesem Alter könne man ohne weiteres unbeaufsichtigt zum Spielplatz gehen lassen. Nicht einmal der Zustand des Treppenhauses gereiche den Hauseigentümern zum Vorwurf. Kanten und Risse in einem Holzgeländer gehörten zu den Gefahren des Alltagslebens. Niemand sei verpflichtet, sein Eigenheim und alle Gegenstände darin frei von Rissen und Abbruchstellen zu halten.