Kleinkind reißt sich los

Mutter springt auf die Straße - Radfahrer stürzt bei Vollbremsung

onlineurteile.de - Unversehens riss sich der zweijährige Sohnemann von der Hand seiner Mutter los und lief auf die Straße zu. Die Mutter sprang hinterher, um den Kleinen festzuhalten. Als sie plötzlich hinter einem (rechts geparkten) Auto auftauchte, erschrak ein Radfahrer fürchterlich und bremste so abrupt, dass er in hohem Bogen vom Rad flog. Er verletzte sich und verklagte die Mutter auf Schadenersatz.

Die Frau sei an Bremsmanöver und Sturz des Radfahrers schuld, urteilte das Kammergericht in Berlin (12 U 10 154/00). Fußgänger müssten sich am Fahrbahnrand vergewissern, dass von links kein Fahrzeug komme; sie dürften keinesfalls kurz vor einem Fahrzeug die Fahrbahn betreten. Vergeblich wandte die Mutter ein, dem Radfahrer wäre gar nichts passiert, wenn er geradeaus weitergefahren wäre, anstatt zu bremsen. Sie habe sich plötzlich und schnell auf die Fahrbahn zubewegt, argumentierten die Richter, in einer solchen Situation sei Bremsen der absehbare und natürliche Reflex eines Autofahrers oder Radfahrers.

Eine Überreaktion sei dies keineswegs; schließlich habe sich der Radfahrer bei der Entfernung in nur zwei Sekunden entscheiden müssen, ob er bremse oder ausweiche. Man könne ihm auch nicht vorhalten, er hätte früher bremsen sollen (als er Kind und Mutter auf dem Bürgersteig gesehen habe). Ohne konkrete Anhaltspunkte für ein verkehrswidriges Verhalten von Kindern oder Erwachsenen bestehe keine Veranlassung, langsamer zu fahren und "bremsbereit" zu sein. Wenn eine Mutter ihr Kind an der Hand halte, dürften Verkehrsteilnehmer darauf vertrauen, dass sie es beaufsichtige.