Kletterpartner abstürzen lassen
onlineurteile.de - Bei einem Klettertreffen in der Halle sicherten sich die Teilnehmer im Top-Rope-Verfahren gegen Stürze: Zwei Partner klettern abwechselnd; dabei steht immer einer der Sportler unten und sichert den Kletternden mit einem Seil, das über eine Umlenkrolle am oberen Ende der Wand läuft. Ein Teilnehmer hatte großes Pech, denn seine Partnerin hielt das Sicherungsseil nicht richtig fest. Als er sich am obersten Punkt der Kletterwand ins Seil fallen ließ, um von ihr abgelassen zu werden, rutschte ihr das Seil durch den Karabinerhaken. Sie quetschte sich die Hand, die das Bremsseil hielt und ließ vor Schreck das Seil los. Der Mann stürzte aus über vier Metern Höhe auf den Hallenboden und brach sich mehrfach die Sprunggelenke.
Der Dienstherr des verletzten Beamten verlangte von der Kletterpartnerin Schadenersatz für die Kosten der Heilbehandlung im Rahmen der Beihilfe und die Gehaltsfortzahlung in dieser Zeit (67.420 Euro). Die Frau verwies auf den vom BGH entwickelten Rechtsgrundsatz, nach dem bei Sportveranstaltungen die Teilnehmer grundsätzlich Verletzungen in Kauf nehmen und nur bei groben Regelverstößen für Schäden hafteten. Damit kam sie jedoch nicht durch. Dieser Grundsatz gelte nur für Kampfspiele und sportliche Wettkämpfe, erklärte ihr das Oberlandesgericht Karlsruhe (7 U 207/02).
Das Top-Rope-Klettern sei damit nicht vergleichbar, zeichne es sich doch durch Kooperation und strikte Aufgabenteilung aus. Der Kletterer konzentriere sich auf die Wand, der andere habe ihn dabei zu sichern. Diese Aufgabe habe sie fahrlässig ausgeführt und so den Sturz ihres Partners verschuldet. Ein Haftungsausschluss komme daher nicht in Frage. Anders als das Klettern im Gebirge - hier nähmen alle Bergsteiger zusätzliche Gefahren wie z.B. Wetterumstürze bewusst in Kauf - sei das Top-Rope-Klettern in der Halle kein gefährlicher Sport. Die Sicherung mit einem HMS-Karabiner sei einfach und zuverlässig, erfordere keine große Kraft. Daher könne man keineswegs unterstellen, dass jeder Kletterer freiwillig Verletzungen riskiere.