Kündigung wegen Eigenbedarfs
onlineurteile.de - Es traf sie wie ein Schock, als sie die Kündigung in Händen hielten. 30 Jahre hatte das Ehepaar in der Wohnung gewohnt und jetzt wollte dort der Vermieter selbst einziehen. Ein Umzug wäre der reinste Horror, dachte die Mieterin. Denn ihr Mann, 80 Jahre alt, war auf einem Auge praktisch blind und mit dem anderen sah er auch nicht mehr viel. Hier in der Wohnung kannte er jeden Winkel und kam alleine zurecht, sie konnte ihn sogar noch zum Bäcker nebenan schicken. In einer neuen Umgebung aber wäre er immer auf ihre Hilfe angewiesen, denn allzu aufnahmefähig für Neues war der alte Mann auch nicht mehr. Die Mieter wehrten sich gegen die Kündigung.
Sie müssen die Wohnung nicht räumen, entschied das Kammergericht in Berlin (8 U 288/03). Die Kündigung sei zwar wirksam. Dennoch sei auch der Widerspruch gegen die Kündigung berechtigt, weil ein Umzug für den Mieter eine besondere Härte wäre. Nach 30 Jahren in vertrauter Umgebung müsste er sich in neuer Umgebung zurechtfinden, wo er sich wegen seiner starken Sehbehinderung jedoch nicht mehr orientieren könne. Die Lebenssituation des alten Mannes würde sich durch den Umzug erheblich verschlechtern. Er könnte nicht mehr alleine nach draußen gehen, was für ihn ein "großes Stück Selbstbestimmtheit" bedeute. Angesichts dieser Umstände müssten die Interessen des Vermieters zurückstehen.