Kunstfreiheit geht manchmal vor Urheberrecht
onlineurteile.de - Der frühere Direktor des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt verlegte sich nach seiner Pensionierung auf die Schriftstellerei, verfasste eine Familiengeschichte und widmete sich dem Aufbau der Justiz nach der Wende. Zuletzt veröffentlichte der ehemalige Richter 2009 ein Buch mit dem Titel "Blühende Landschaften". Darin setzt er sich mit politischen und sozialen Phänomenen in der Region auseinander, auch mit der Rolle der Presse. In eine Art Collage baute er u.a. Zeitungsartikel und Photos der "Märkischen Oderzeitung" (MOZ) ein.
Die MOZ sah darin eine Verletzung ihrer Rechte und wollte den Abdruck verbieten lassen. Der Eingriff ins Urheberrecht sei durch das Grundrecht auf Freiheit der Kunst gerechtfertigt, urteilte jedoch das Oberlandesgericht Brandenburg (6 U 14/10). "Blühende Landschaften" sei Literatur.
Der Autor "komponiere" inhaltlich und stilistisch unterschiedliche Texte und Objekte zu einer Collage, um für die Leser die politische und soziale Atmosphäre der Nach-Wende-Zeit erfahrbar zu machen. In so einem Fall müsse das Urheberrecht zu Gunsten der Kunstfreiheit zurückstehen.
Außerdem beträfen die Artikel und Fotos der Zeitung weit zurückliegende Tagesereignisse und hätten keinerlei wirtschaftlichen Wert mehr. Die Verletzung des Urheberrechts sei daher nicht schwerwiegend. Der Autor habe die MOZ auch nicht um Erlaubnis fragen müssen, ob er ihr Material verwenden dürfe. Das würde die künstlerische Freiheit zu sehr einschränken.