Ladendiebstahl einer Mutter
onlineurteile.de - In Begleitung ihrer fünf Jahre alten Zwillinge kaufte die Frau im Supermarkt ein. Nach der Trennung von ihrem langjährigen Lebensgefährten war sie knapper bei Kasse denn je. Deshalb erlag die Frau der Versuchung und ließ einige Kleinigkeiten in ihrem (am Einkaufswagen aufgehängten) Rucksack "verschwinden": acht Tüten Suppe à 49 Cent, fünf Packungen Käse à 1,49 Euro, Margarine, Kinderzeitschriften und Süßigkeiten für die Kleinen à 49 Cent (Gesamtschaden: 20,75 Euro). Dabei wurde sie beobachtet und angezeigt.
In erster Instanz wurde sie wegen Ladendiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten (ohne Bewährung) verurteilt. Das Oberlandesgericht Jena milderte dies ab zu einer Geldstrafe und rügte die "irrelevanten und damit unzulässigen Erwägungen" der Vorinstanz (1 Ss 301/05). Man habe es als "besonders verwerflich" bewertet - und deshalb strafverschärfend berücksichtigt -, dass die Frau die Tat in Anwesenheit ihrer Kinder beging und ihnen so ein schlechtes Beispiel gab.
Dieser Gesichtspunkt habe aber bei der Strafzumessung wegen Diebstahls nichts verloren; hier gehe es um das verletzte Eigentum des Ladeninhabers. Der Diebin vorzuhalten, sie dürfe so etwas als "Frau und Mutter" nicht tun, sei ebenso sachfremd. Die Pflicht zu gesetzestreuem Verhalten bestehe unabhängig von Geschlecht oder sozialer Rolle.
Kurzzeitige Freiheitsstrafen von weniger als sechs Monaten sollten nach dem Willen des Gesetzgebers nur noch ausnahmsweise verhängt werden. Selbst bei einem vorbestraften Wiederholungstäter sei es nicht zwingend notwendig, eine Freiheitsstrafe auszusprechen, um auf ihn intensiv einzuwirken. Um so weniger bei einer Angeklagten, die erstmals einen Ladendiebstahl beging (auch wenn sie schon wegen anderer Kleindelikte vorbestraft sei).