Legehennen: Plakat prangert Tierquälerei an

Tierschutzorganisation im Clinch mit einem Ministerpräsidenten

onlineurteile.de - Eine gemeinnützige Stiftung, die sich den Tierschutz auf ihre Fahnen geschrieben hat, prangerte auf einem Plakat die Haltung von Legehennen in Käfigbatterien als Tierquälerei an ("Qualvolle Enge ... Lebensfläche je Henne von nur 750 qcm ... Flügelschlagen? Unmöglich, lebenslang"). Neben einem Foto des Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Wulff, stand: "Millionenfache Tierquälerei darf nicht aufhören - meine Agrarindustrie will sie ...". Herr Wulff forderte, die Kritik dürfe nicht plakatiert werden. Die Tierschützer wiederum zogen vor Gericht, um feststellen zu lassen, ob die Publikation zulässig ist.

Beim Oberlandesgericht München behielt der Tierschutz die Oberhand (18 U 2648/05). Die Darstellung im Plakatentwurf sei sachlich richtig, wenn auch die Sachlage verkürzt und zugespitzt als Beitrag zum Meinungskampf wiedergegeben werde. Der Gesetzgeber habe die Käfighaltung bereits verboten und nur für eine Übergangszeit noch genehmigt, wenn Halter größere Investitionen vorgenommen hätten. Wulff habe sich stets gegen das Verbot gewandt und für die Genehmigung modifizierter Käfigbatterien eingesetzt. Dann müsse er auch entsprechende Kritik in Kauf nehmen.

Die graphisch hervorgehobene Textzeile, die Herrn Wulff die umstrittene Äußerung in den Mund lege, solle provozieren und Aufmerksamkeit erregen. Jeder durchschnittliche Leser verstehe, dass dies kein wörtliches Zitat sei, sondern dass damit der politische Standpunkt des niedersächsischen Ministerpräsidenten charakterisiert und kritisiert werde. Ihm werde vorgeworfen, er folge dem Anliegen der Agrarindustrie ohne Rücksicht auf die Interessen des Tierschutzes.

Der Angriff sei massiv, aber dennoch vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt. Denn hier gehe es um die aktuelle Auseinandersetzung über ein (nicht nur in Deutschland) politisch bedeutsames Thema. Das Plakat greife die Position von Herrn Wulff in diesem Streit an und sei damit selbst ein Beitrag zur öffentlichen Debatte.