Lehrer von Schneeball getroffen
onlineurteile.de - Vom Unterrichtsraum wollte der Lehrer ins Hauptgebäude der Schule gehen, der Weg führte über den Schulhof. Kaum war er im Freien, empfingen ihn Schneebälle: Etwa ein Dutzend Schüler seiner Klasse hatten ihm "aufgelauert". Erst hielt sich der Lehrer die Mappe vors Gesicht und ging auf die Schüler zu, um den nächsten Werfern die Schneebälle aus der Hand zu schlagen.
Sein Rufen — das sei unfair, alle gegen einen — verhallte nicht ungehört. Es wurde eine allgemeine Schneeballschlacht — jeder gegen jeden — daraus, an der sich der Lehrer schließlich beteiligte. Doch der Spaß endete unglücklich: Ein Schneeball traf den Lehrer im Gesicht und verletzte ein Auge. Er musste operiert werden und war einen Monat lang arbeitsunfähig.
Vergeblich beantragte der Lehrer bei der Schulbehörde, den verunglückten Wurf als Dienstunfall anzuerkennen (= Bedingung für besondere Leistungen der Unfallfürsorge durch den Dienstherrn): Die Behörde konnte keinen Zusammenhang mit seinen eigentlichen Dienstaufgaben erkennen. Sie warf dem Lehrer sogar vor, wider die Interessen des Dienstherrn gehandelt zu haben, weil das Schneeballwerfen laut Schulordnung ausdrücklich verboten sei. Dagegen hätte er mit aller Autorität einschreiten müssen, statt daran teilzunehmen.
Gegen diese Abfuhr klagte der Lehrer und setzte sich beim Verwaltungsgericht Freiburg durch, das einen Dienstunfall bejahte (5 K 1220/11). Die Schulbehörde, das Regierungspräsidium Freiburg, habe den Vorgang in zwei Phasen eingeteilt: Zuerst habe sich der Lehrer nur verteidigt (= dienstlich), dann aber bei der Schneeballschlacht mitgemacht (= außerdienstlich, privat). Das sei lebensfremd. Er habe das nicht zu seinem Privatvergnügen getan.
Zu seinen Schülern habe der Lehrer ein gutes Verhältnis. Daher sei die "Attacke" von ihm nicht als böswillig aufgefasst worden, sondern als Spaß und als Herausforderung. Seine Argumentation sei plausibel: Hätte er die Schüler nur aufgefordert aufzuhören und den Schulhof fluchtartig verlassen, hätte er sich als Pädagoge lächerlich gemacht.
Wenn die Schulordnung das Werfen von Schneebällen verbiete, verliere der Lehrer mit seinem Verstoß nicht gleich die Unfallfürsorge des Dienstherrn. Ein verbotswidriges Verhalten schließe einen Versicherungsfall nicht aus. Das gelte nur für Ausnahmefälle und Exzesse, die mit dem Dienst nicht das Geringste zu tun haben (wie z.B. eine Alkoholfahrt nach einer Betriebsfeier). Davon könne hier keine Rede sein.