Letztes Testament des Vaters verschwunden?
onlineurteile.de - Ein wohlhabender Unternehmer hatte mit seiner dritten Frau zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. 1985 hatte das Paar einen Erbvertrag geschlossen, darin setzten sich die Partner gegenseitig als Alleinerben und den Sohn als Schlusserben ein. Wer den anderen überlebte, der konnte diesen Vertragsinhalt ändern. 1998 und 2005, da war er bereits Witwer, verfasste der Vater jeweils ein handschriftliches Testament gleichen Inhalts.
Je zur Hälfte sollten die Kinder ein Ferienhaus in Italien bekommen, der Sohn eine Doppelhaushälfte dazu und die Tochter ein Appartement auf den kanarischen Inseln. Das Appartement wurde noch vor dem Tod des Vaters verkauft, den Erlös bekam die Tochter. Als der Vater gestorben war, beantragte der Sohn einen Erbschein, der ihn als Miterben zu zwei Dritteln und die Schwester als Miterbin zu einem Drittel auswies.
Dieser Aufteilung widersprach seine Schwester: Sie behauptete, der Vater habe noch ein drittes Testament verfasst und ihr die Immobilien allein zugesprochen. Das konnte die Frau jedoch nicht beweisen. Das Testament war nicht auffindbar und der von ihr benannte Zeuge hatte die Urkunde nicht gesehen. Der Vater hatte mit dem Bekannten nur darüber gesprochen, dass er eventuell das Testament ändern könnte.
Das genügte dem Oberlandesgericht München nicht: Es sprach dem Sohn den Erbschein zu (31 Wx 11/10). Der Wille des Erblassers dürfe nicht verfälscht werden. Wenn ein Testament ohne Willen und Zutun des Erblassers vernichtet, verloren gegangen oder aus anderen Gründen unauffindbar sei, könne ein Erbe seine Ansprüche zwar trotzdem darauf stützen - aber nur, wenn Inhalt und korrekte Gestaltung des Testaments einwandfrei belegt seien.
Das sei hier aber nicht der Fall. Ein Zeuge, der das Testament gar nicht gelesen habe, sei als "Beweis" untauglich. So, wie der Bekannte das Gespräch schildere, handelte es sich bloß um eine Überlegung des Verstorbenen, ob er das Testament ändern solle. Damit sei die Existenz eines dritten Testaments und dessen Inhalt keineswegs nachgewiesen.
Daher bleibe es bei der Verteilung des Nachlasses, wie sie der Vater in den früheren Testamenten festgelegt habe. Wenn man den Wert der vererbten Immobilien zugrundelege, sei der vom Nachlassgericht erteilte Erbschein und die darin festgesetzte Miterbenquote korrekt.