Minderjährige möchte heiraten

Ausnahmeerlaubnis setzt persönliche Reife voraus ...

onlineurteile.de - Das 16-jährige Mädchen wohnte bei seinen türkischen Eltern. Die Tochter besitzt die doppelte Staatsangehörigkeit und besucht die zehnte Klasse der Erweiterten Realschule. Seit 2004 ist sie mit einem jungen Türken verlobt, der in der Türkei lebte. Erst im Herbst 2006 kam der 21-Jährige mit einem Studentenvisum nach Deutschland. Er wohnt im Haus der Verlobten, absolviert aktuell einen Deutschkurs und strebt einen Studienabschluss in Informatik an.

Schon vor seiner Ankunft in der Bundesrepublik beantragte das Mädchen (im Einverständnis mit den Eltern) bei der zuständigen Behörde eine Ausnahmeerlaubnis, um den Studenten zu heiraten. Denn nach deutschem Recht sind Heiraten Minderjähriger unzulässig. Eine Ausnahmeerlaubnis kann erteilt werden, wenn der(die) Antragsteller(in) 16. Jahre alt und der künftige Ehegatte bereits volljährig ist. Diese Bedingungen waren hier erfüllt.

Dennoch wurde der Antrag der Jugendlichen abgelehnt, weil eine Heirat ihrem wohlverstandenen Interesse widerspricht - so die Begründung des Oberlandesgerichts Saarbrücken (6 UF 106/06). Bei der Heirat gehe es wohl in erster Linie darum, dem Studenten die Rückkehr in die Türkei zu ersparen, vermuteten die Richter. Jedenfalls kamen sie nach Gesprächen mit allen Beteiligten zu dem Schluss, das Mädchen sei für eine Heirat nicht reif genug.

Die Schülerin erfasse die volle Tragweite dieser Entscheidung nicht. Mit der Möglichkeit einer Elternschaft und deren Auswirkungen auf ihre künftige Lebensgestaltung habe sie sich überhaupt nicht auseinandergesetzt. Das Paar habe keinerlei Existenzgrundlage: Der junge Mann wolle hier studieren; sein türkisches Diplom sei hier (noch) nicht anerkannt. Die Schülerin stehe vor einer Berufsausbildung zur Krankenpflegerin und werde vorerst auch kaum etwas verdienen. Neben der wirtschaftlichen Abhängigkeit von den Eltern bestehe in so einer Situation die Gefahr, dass eine Heirat die Berufsausbildung negativ beeinflussen könnte (wenn z.B. ein Ortswechsel anstünde, um einen Ausbildungsplatz zu bekommen). Eine abgeschlossene Ausbildung sei für die Schülerin jedoch das Wichtigste.