Mit über 200 "Sachen" auf der Autobahn
onlineurteile.de - Erst seit fünf Tagen war Herr X stolzer Besitzer eines luxuriösen Sportwagens mit 321 km/h Höchstgeschwindigkeit. Kurz vor Mitternacht ließ er es auf der Autobahn so richtig krachen. Mit mindestens 200 km/h — laut Unfallgutachten können es aber auch 280 km/h gewesen sein — brauste er auf der Überholspur dahin. Weit vor ihm wollte Fahrer Y ein Auto überholen, das etwa 120 km/h schnell fuhr. Y wechselte von der rechten auf die linke Fahrspur. In diesem Moment kam der Sportwagen von hinten "angeflogen". Der Versuch von X, zwischen den zwei anderen Fahrzeugen durchzukommen, misslang.
Der Sportwagen kollidierte mit dem Auto von Y, das sich drehte und an der Mittelleitplanke strandete. Der Sportwagen geriet ins Schleudern, stieß gegen die rechte Leitplanke und kam schließlich schwer beschädigt quer zur Fahrtrichtung zum Stehen. Herr X verklagte Y und seinen Haftpflichtversicherer auf 137.443 Euro Schadenersatz: Y sei plötzlich und viel zu dicht vor ihm nach links ausgeschert, behauptete X.
Der genaue Unfallhergang sei trotz eines Expertengutachtens unklar geblieben, so das Oberlandesgericht Oldenburg (3 U 69/11). Ob Y wie vorgeschrieben zügig überholte, den Blinker betätigte und sich vor dem Wechsel der Fahrspur vergewissert habe, dass er niemanden gefährdete, stehe nicht fest. Umgekehrt sei aber auch ein schuldhaftes Verhalten von Y nicht bewiesen. Wenn sich X tatsächlich mit 280 km/h näherte, habe ihn Y gar nicht wahrnehmen können: Als Y den Spurwechsel begann, wäre X dann nämlich noch 570 Meter hinter ihm gewesen.
Eine mögliche Erklärung für den Unfall wäre auch, dass X die Geschwindigkeit seines neuen Wagens falsch einschätzte. Die Tatsache, dass X die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h weit überschritten habe, begründe zwar keinen Schuldvorwurf. Allerdings steigere so eine hohe Geschwindigkeit die Gefahr, die von dem Fahrzeug ausgehe: X hätte die Kollision vermeiden können, wenn er die Richtgeschwindigkeit eingehalten hätte. Das stehe nach dem Unfallgutachten fest. Deshalb hafte X zu zwei Dritteln selbst für den Unfallschaden.