Motorradfahren am Kesselberg

Polizei darf Fahrern das Motorrad nicht wegen überhöhter Geschwindigkeit wegnehmen

onlineurteile.de - Die Kesselbergstraße zwischen Kochelsee und Walchensee (Oberbayern) ist bei Motorradfahrern sehr beliebt, beim Rest der Menschheit wohl eher berüchtigt: Hier treffen sich regelmäßig Motorradfahrer, um auf den engen Kurven bis zum Sattel des kleinen Passes hinauf zu zeigen, wie gut sie fahren können. Kein Wunder, dass es hier häufiger als anderswo zu Unfällen kommt.

Um die Situation zu entschärfen, hat das Polizeipräsidium Oberbayern 2007 angeordnet, Motorradfahrern vorübergehend ihre Fahrzeuge abzunehmen, wenn sie am Kesselberg die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 km/h überschreiten (oder innerhalb eines Jahres zweimal um mehr als 25 km/h). Das Motorrad solle abgeschleppt und frühestens am nächsten Morgen (nach Wochenenden erst am Montagmorgen) herausgegeben werden.

So erging es einem Motorradfahrer, der an einem Sommertag 2007 zweimal mit überhöhter Geschwindigkeit erwischt worden war. Weilheimer Verkehrspolizisten ordneten die Sicherstellung seines Motorrades an, das er am Montag danach in der Murnauer Verwahrstelle abholte. 277,42 Euro kostete ihn der Fahrspaß. Anschließend zog er vor Gericht, um die Rechtmäßigkeit der Maßnahme prüfen zu lassen.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof erklärte die Anweisung des Polizeipräsidiums Oberbayern für rechtswidrig (10 BV 08.1422). Polizeibeamte dürften Fahrzeuge nur sicherstellen, wenn mit weiteren Verkehrsverstößen zu rechnen sei. Das müsse man je nach den Umständen des Einzelfalls entscheiden. So eine Sanktion schematisch bestimmte Verkehrsverstöße zu knüpfen, sei unzulässig.

Im Regelfall müssten Polizeibeamte davon ausgehen, dass die üblichen Sanktionen (Bußgeld, Fahrverbot, Punkte in der Flensburger Kartei) einen Verkehrsteilnehmer so nachhaltig beeindruckten, dass er nicht sofort weitere "Fehltritte" begehe. Etwas anderes könne nur gelten, wenn ein Fahrer durch Alkohol- oder Drogenkonsum enthemmt sei oder wenn er die nächsten Verkehrsverstöße explizit ankündige.

Das sei hier aber nicht der Fall gewesen: Der Motorradfahrer habe sich keineswegs uneinsichtig gezeigt. Zudem sei er ein durchschnittlicher Verkehrsteilnehmer, der im Verkehrszentralregister keine besonders hohe Punktezahl habe.