Mutterschutz contra Fitness-Vertrag
onlineurteile.de - Die freudige Nachricht hatte einen ziemlich bitteren Beigeschmack: Sie erwarte ein Baby, erklärte der Arzt der Frau, doch die Schwangerschaft sei gefährdet. Wegen der Risikoschwangerschaft müsse sie jede körperliche Anstrengung vermeiden, sie dürfe keinen Sport mehr treiben. Die Frau kündigte deshalb den Vertrag mit ihrem Fitness-Center. Das akzeptierte der Inhaber des Studios nicht und klagte die ausstehenden monatlichen Zahlungen ein.
Zunächst mit Erfolg: Der Amtsrichter fand, die werdende Mutter habe "die Sportunfähigkeit" selbst herbeigeführt. Deshalb müsse sie dafür einstehen und weiter zahlen. So eine Aussage über ihre Schwangerschaft erschien der jungen Mutter unverschämt. Sie legte Verfassungsbeschwerde ein und erreichte beim Bundesverfassungsgericht, dass das Urteil aufgehoben wurde (1 BvR 906/04). Mutterschaft liege im Interesse der Gemeinschaft, so die Verfassungsrichter, und jede Mutter habe Anspruch auf besonderen Schutz durch die Gemeinschaft.
Eben dieses Grundrecht (Artikel 6 des Grundgesetzes) habe der Amtsrichter bei seinen Überlegungen nicht berücksichtigt. Vor allem bei der Prüfung, ob die Frau an ihrer Schwangerschaft (= an der Unfähigkeit, Sport zu treiben) selbst "schuld" sei, hätte der Mutterschutz beachtet werden müssen, zumal es sich um eine Risikoschwangerschaft handle. Dann wäre vermutlich die Beurteilung des Falles anders ausgefallen.