Nach dem Einfädeln auf die Überholspur

Wer auf eine Autobahn einfährt, den trifft erhöhte Sorgfaltspflicht!

onlineurteile.de - Eine Frau fuhr mit ihrem "Smart" auf die Autobahn. Als sie sich noch auf der Einfädelspur befand, näherte sich von hinten relativ flott - mit etwa 160 bis 170 km/h - ein BMW. Dessen Fahrer wechselte auf die Überholspur, um dem Smart und nachfolgenden Autos das Einfädeln auf die rechte Fahrspur zu ermöglichen. Doch die Autofahrerin zog ihren Kleinwagen von der Einfädelspur gleich bis auf die Überholspur - so knapp vor dem BMW und mit so geringer Geschwindigkeit, dass die Fahrzeuge zusammenstießen.

Anscheinend war sich die Frau keiner Schuld bewusst: Jedenfalls verklagte sie den BMW-Fahrer auf Schadenersatz, weil dieser mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs gewesen sei. Das spiele keine Rolle, teilte ihr das Oberlandesgericht (OLG) Jena mit: Denn der Unfall gehe ohne jeden Zweifel allein auf ihr Konto (5 U 797/08).

Wer von der Einfädelspur aus auf eine Autobahn einfahre, müsse die Vorfahrt der Verkehrsteilnehmer auf der Autobahn beachten und besonders vorsichtig agieren, betonte das OLG. Bei einem Zusammenstoß hafte daher regelmäßig der Einfahrende. Das gelte erst recht, wenn ein Fahrer erst einfädle und dann sofort noch einmal die Fahrspur wechsle. So sei es hier gewesen, denn die Kollision ereignete sich auf einer Höhe, die etwa der Mitte der Einfädelspur entsprach.

Die Frau habe also ein äußerst leichtsinniges und gefährliches Manöver ausgeführt; und das mit einem Wagen, der mit einer Leistung von 33 kW allenfalls nach ausgiebigem Anlauf die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h erreiche. So etwas dürfe man - wenn überhaupt - nur mit einem Auto durchziehen, das so zu beschleunigen sei, dass von hinten kommende Fahrzeuge trotz hoher Geschwindigkeit nicht in Gefahr gerieten.

Dass der BMW-Fahrer die Richtgeschwindigkeit überschritten habe, begründe an einer wenig befahrenen und gut einsehbaren Stelle der Autobahn kein Mitverschulden. Er habe sich korrekt verhalten und den einfädelnden Fahrzeugen durch einen Spurwechsel nach links Platz gemacht. Der Autofahrer habe Vorfahrt gehabt und nicht damit rechnen müssen, dass ein derart langsames Fahrzeug derart rücksichtslos von der Einfädelspur auf die Überholspur wechseln würde.