Nachbarin nimmt Warensendung entgegen

Damit gilt die Ware nicht als zugestellt: Widerrufsfrist für den Kauf wird so nicht in Gang gesetzt

onlineurteile.de - Frau W hatte bei einem Versandhändler einige Waren bestellt. Als das Paket geliefert wurde, war sie einige Tage verreist. Der Mann vom Versanddienst ließ es bei einer Nachbarin, die sich bereit erklärte, Frau W das Paket zu geben. Nach ihrer Rückkehr packte Frau W die Sachen aus, sie gefielen ihr aber nicht. 20 Tage nach der Lieferung schickte sie die Waren zurück.

Doch der Versandhändler pochte auf den Kaufvertrag: Zwei Wochen lang könnten Kunden bestellte Ware zurückgeben und den Kauf widerrufen. Diese Frist sei bereits abgelaufen.

Mit Erfolg verklagte ihn Frau W auf Rückzahlung des Kaufpreises. Werde eine Sendung bei Nachbarn abgegeben, setze das die Widerrufsfrist nicht in Gang, urteilte das Amtsgericht Winsen (22 C 1812/11). Die Widerrufsfrist beginne erst zu laufen, wenn der Empfänger die Möglichkeit habe, die bestellte Ware zu prüfen. Anders ausgedrückt: Wenn der Empfänger entscheiden könne, ob er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen wolle oder nicht.

Das sei der Fall, wenn Ware dem Empfänger selbst oder Personen in seinem Haushalt übergeben werde. Das könne auch zutreffen, wenn der Empfänger einem Bekannten in der Nachbarschaft eine schriftliche Postvollmacht gegeben und ihn ermächtigt habe, Sendungen für ihn entgegenzunehmen. Aber nicht in Fällen wie diesem, wenn eine freundliche Nachbarin dem Lieferanten zufällig ein Paket abnehme. Sie sei keine "Stellvertreterin" des Empfängers, sondern wolle ihm/ihr nur einen Gefallen tun, damit er/sie das Paket nicht bei der Post oder anderswo abholen müsse.

Das gelte nicht als Zugang des Pakets. Deswegen sei der Versandhändler aber nicht gleich der "Willkür der Kunden ausgeliefert", wie er beklage. Denn er habe es in der Hand, dem Paketdienst Anweisungen zu erteilen: z.B. die, dass der Bote die Ware nicht vor die Haustür oder auf die Terrasse legen oder Fremden in die Hand drücken solle. Das Unternehmen könne den Weg der Sendungen kontrollieren. Dagegen habe der Empfänger der Ware keinen Einfluss darauf, was der Paketdienst tue.

Die bestellte Ware sei Frau W erst bei ihrer Rückkehr vom Kurzurlaub zugegangen, als ihr die Nachbarin das Paket übergab. Also habe sie die Sachen rechtzeitig, im Rahmen der Widerrufsfrist von zwei Wochen zurückgeschickt. Der Versandhändler müsse den Kaufpreis zurückzahlen.