Nachehelicher Unterhalt
onlineurteile.de - Diese Frage ist nicht pauschal mit der Anzahl von Bewerbungen zu beantworten, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in folgendem Urteil klargestellt: Nach 28 Jahren wurde 2001 eine Ehe geschieden. Die Ehefrau hatte bis zur Heirat als Verkäuferin gearbeitet und während der Ehe zwei Kinder betreut. Nach der Scheidung ließ sie sich zur Bürokauffrau umschulen, seither ist sie arbeitslos.
Ihr Mann ist Diplomingenieur und IT-Berater. 2004 bis 2006 war er ebenfalls erwerbslos, in dieser Zeit wurde der Unterhalt für die Ex-Frau herabgesetzt. Mittlerweile ist er selbständig tätig, nun forderte die Frau mehr Geld. Das Oberlandesgericht (OLG) erhöhte ihren Unterhalt auf rund 1.500 Euro im Monat, allerdings befristet bis Ende 2009.
Die Geschiedene müsse sich mehr um einen Arbeitsplatz bemühen, kritisierte das OLG, als Bürokauffrau könnte sie 1.100 Euro verdienen. Es billigte ihr daher nur (Aufstockungs-)Unterhalt auf Zeit zu. Dass ihre Arbeitssuche ungenügend war, machte das OLG daran fest, dass sich die Frau 2007 nur 46 Mal und 2008 nur 43 Mal um eine Stelle beworben hatte.
Damit war der BGH nicht einverstanden (XII ZR 121/09). Die Zahl der Bewerbungen sei allein nicht sehr aussagekräftig, sondern nur ein Indiz. Letztlich komme es auf die Erwerbsbiographie und die individuellen Verhältnisse an. Wenn die Frau — angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt und ihren persönlichen Eigenschaften — keine reale Beschäftigungschance habe, seien auch 20 Bewerbungen im Monat nicht erfolgversprechend.
Dann sei ihre Erwerbslosigkeit nicht auf zu lässige Arbeitssuche zurückzuführen. Das OLG habe sich nicht mit der individuellen Lage der Ehefrau befasst: Sie sei (2007) 53 Jahre alt gewesen. Nach 25-jähriger Berufsabstinenz und zudem geplagt von einigen gesundheitlichen Problemen sei sie außerstande, sogleich eine Vollzeitstelle zu finden. Die Vorinstanz müsse ihren Unterhaltsanspruch daher nochmals prüfen.