Neues Automodell hatte weniger PS
onlineurteile.de - Bei einem Autohaus bestellte Kundin W im Sommer 2009 einen Neuwagen für 16.699 Euro. W hatte das Modell 2009 gut gefallen, das aber nicht mehr hergestellt wurde. Doch der Händler beruhigte sie: Das Modell des Jahres 2010 sei identisch, abgesehen von den Scheinwerfern. Ein Prospekt lag noch nicht vor. In der Bestellung wurde auf Wunsch der Kundin ausdrücklich festgehalten: "Modell 2010" mit "1,4 L (109 PS)". So viel PS hatte das Modell 2009.
Im Frühjahr 2010 wurde der Wagen geliefert und von Frau W abgeholt. Erst zu Hause warf sie einen Blick in die Zulassungsbescheinigung und stellte fest, dass bei der Motorleistung nur 90 PS eingetragen waren. Sofort erklärte sie den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte vom Händler das Geld zurück. Doch der Verkäufer pochte auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB): Da stehe klipp und klar, dass der Hersteller während der Lieferzeit Konstruktion, Form oder Farbe des Autos ändern könne, soweit dies für den Käufer zumutbar sei.
Damit fand sich Frau W nicht ab und klagte den Kaufpreis ein. Zu Recht, wie das Kammergericht in Berlin entschied (23 U 15/11). Das bestellte Fahrzeug werde nicht mehr produziert. Die Kundin habe es aber nur unter der Bedingung bestellt, dass alle wichtigen Merkmale des Modelljahres 2009 auch beim Modell 2010 vorhanden seien. Dass das Auto 109 PS haben sollte, sei verbindlich vereinbart worden. Daher sei das mit 90 PS gelieferte Auto als mangelhaft anzusehen.
Daran änderten auch die AGB des Unternehmens nichts: Denn eine Änderung von so erheblichem Ausmaß sei für die Käuferin eben nicht zumutbar. Das neue Modell verbrauche zwar weniger und habe eine bessere Emissionsklasse als das alte. Aber es sei allein Sache des Käufers zu entscheiden, welche Eigenschaften des Kaufgegenstands für ihn wesentlich seien. Ob das objektiv vernünftig sei, spiele keine Rolle.
Frau W habe ihr Rücktrittsrecht auch nicht dadurch verloren, dass sie den Wagen zuerst ohne Einwände entgegengenommen habe. Denn sie habe gedacht, ein Auto mit der bestellten Ausstattung zu erhalten. Objektiv habe das gelieferte Auto ihren Wünschen jedoch nicht entsprochen. Frau W habe dem Händler auch keine Frist zur Nachbesserung setzen müssen, weil hier nichts nachzubessern sei: Der Wagen mit der gewünschten Ausstattung sei nicht mehr lieferbar, der Händler könne den Vertrag also nicht erfüllen.