Neuwagen mit 304 km auf dem Tacho
onlineurteile.de - Bei einem Autohändler hatte Frau B einen Neuwagen für 18.000 Euro bestellt. Direkt vom Werk könne sie zum gewünschten Zeitpunkt kein Auto bekommen, erklärte ihr der Händler. Da gebe es eine Wartezeit von einigen Wochen. Da sie es früher wolle, werde er aber bei Händlern der gleichen Marke an anderen Orten nachfragen. Bald darauf rief der Händler die Kundin an und teilte mit, er habe das passende Fahrzeug gefunden. Das müsse jetzt nur noch zu seinem Autohaus gefahren werden.
Als der Verkäufer Frau B das Auto übergab, hatte es 304 Kilometer auf dem Tacho. So stand es auch in der "Übernahmebestätigung", die die Kundin unterschrieb, ohne Einwände zu erheben. Einige Tage später meldete sich ihr Anwalt beim Autohaus und hielt ihm vor, mit einer Laufleistung von 304 km sei das gelieferte Fahrzeug kein Neuwagen mehr. Frau B verlange deshalb einen Rabatt von 3.400 Euro auf den Kaufpreis. Das lehnte der Händler ab.
Nun zog die Kundin vor Gericht und forderte einen Neuwagen: Als sie das Auto abholte, habe sie es eilig gehabt und den Kilometerstand nicht bemerkt. Das stimme nicht, konterte der Händler. Er habe der Kundin gesagt, dass der Mechaniker nach dem Austausch eines Bauteils (vom Hersteller empfohlen) eine Probefahrt gemacht habe. Außerdem habe Frau B gewusst, dass das Auto überführt werden musste.
Davon war auch das Landgericht Coburg überzeugt (21 O 337/11). Die Kundin habe selbst darauf gedrängt, das Auto so schnell wie möglich zu erhalten — sie sei also mit der Überführung des Wagens einverstanden gewesen. Andernfalls hätte der Verkäufer wohl kaum ein Übergabeprotokoll vorbereitet, in dem explizit die Laufleistung eingetragen war. Denn er hätte damit rechnen müssen, dass Frau B den Wagen wegen des Kilometerstands ablehnen würde.
Wieso hätte der Händler das riskieren sollen, wenn er nicht davon ausging, auf diese Weise den Wünschen der Kundin zu entsprechen? Er hätte ja ohne weiteres später ein Auto ab Werk mit weniger Laufleistung liefern können. Alle beteiligten Mitarbeiter des Autohauses bestätigten, die Kundin sei darüber informiert worden, dass der Wagen nicht per Autotransporter geliefert, sondern zum Autohaus gefahren werde. Und das Übergabeprotokoll habe Frau B vorbehaltlos unterschrieben. Also habe sie das Auto mitsamt der Laufleistung akzeptiert.