Neuwagen mit Lackschäden
onlineurteile.de - 39.000 Euro kostete der neue BMW 320d, den Käufer D beim BMW-Vertragshändler bestellt hatte. Doch als das gute Stück geliefert wurde, hatte es Kratzer im Lack und leichte Schäden an der Karosserie. D weigerte sich, das Auto "in diesem Zustand abzunehmen": Der Autohändler müsse die Schäden reparieren. Der war einverstanden. Allerdings sah der Wagen nach den Bemühungen der Werkstatt immer noch nicht perfekt aus.
Während der Händler behauptete, jetzt sei der BMW einwandfrei, erklärte ein von D beauftragter Sachverständiger, die Mängel seien nicht fachgerecht behoben. Deshalb erklärte D den Rücktritt vom Kaufvertrag: Wenn er einen fabrikneuen Wagen bezahle, dann müsse der auch frei von Mängeln sein. Er forderte vom Autohaus die Anzahlung (10.000 Euro) zurück und Ersatz für die Kosten des Gutachtens.
Seine Klage scheiterte zunächst beim Oberlandesgericht (OLG): Die winzigen Mängel seien nur optischer Natur und kaum wahrnehmbar, so das OLG. Sie rechtfertigten es nicht, den Kaufvertrag aufzulösen, selbst wenn die Reparatur bis zu 3.000 Euro koste. Außerdem dürfe ein Käufer nicht erst Nachbesserungen verlangen — in Kenntnis des beträchtlichen Umfangs der Arbeiten — und dann darauf pochen, dass das Auto nun nicht mehr "fabrikneu" sei.
Der Bundesgerichtshof korrigierte dieses Urteil (VIII ZR 374/11). Wenn ein neues Auto mit Mängeln geliefert werde, könne der Käufer grundsätzlich erwarten, dass eine Reparatur den Zustand herbeiführe, der dem technischen Standard der Auslieferung ab Werk entspreche. Verlange der Käufer eine Reparatur, verzichte er damit nicht auf die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit der Kaufsache, dass das Auto "fabrikneu" sein müsse.
Gelinge es der Werkstatt nicht, den Wagen so wieder herzustellen, wie er (normalerweise) vom Werk ausgeliefert werde, habe der Käufer das Recht, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Das dürfe er im Prinzip nur wegen erheblicher Mängel. Doch bei einem fabrikneuen Auto seien auch Bagatellmängel als "erheblich" anzusehen. Denn die Eigenschaft "fabrikneu" sei für Käufer besonders wichtig und falle zudem wirtschaftlich ins Gewicht. Fahrzeuge, die nicht mehr als fabrikneu gälten, würden zu deutlich reduzierten Preisen gehandelt.