"Ohne Ehevertrag keine Heirat"
onlineurteile.de - Der gut verdienende (7.780 Euro brutto) Prokurist war nicht erbaut, als ihm seine Freundin - eine Betriebswirtin mit jährlichem Bruttoeinkommen von 100.000 DM - eröffnete, sie sei schwanger. Heiraten wollte er eigentlich nicht. Nach einem Streit verließ die Frau die gemeinsame Wohnung. Ihre Lage war nun alles andere als rosig: Das Kind allein aufzuziehen und ihren Beruf weiterhin auszuüben, traute sie sich nicht zu. Doch wenn sie den Job für das Kind aufgab, konnte sie den Kredit für ihre Eigentumswohnung nicht mehr abzahlen.
Aus diesem Grund willigte die Schwangere trotz Bedenken ein, als ihr Freund die Trennung bereute und ihr einen Heiratsantrag machte. Dabei bestand er auf einem für sie sehr nachteiligen Ehevertrag: Bei einer Scheidung in den ersten acht Jahren sollte sie nur 1500 DM Unterhalt bekommen, 2000 DM, solange sie ein Kind unter drei Jahren betreute. Das Paar heiratete 1995; kurz darauf wurde ein Sohn geboren, später Zwillinge. Wegen einer kurzen Affäre der Frau mit einem anderen Mann kam es 1999 zu einer heftigen Auseinandersetzung, bei der sie von ihrem Ehemann verletzt wurde. Danach trennten sich ihre Wege.
Im Scheidungsverfahren forderte die Frau mehr als den vereinbarten Unterhalt: Mittlerweile hatte ihr Ehemaliger vom Vater ein Unternehmen geerbt und verdiente noch besser als früher. Das Oberlandesgericht korrigierte wegen offenkundig einseitiger Lastenverteilung den Ehevertrag: Der Mann schulde seiner Frau den gesetzlichen Unterhalt. Vergeblich legte der Unterhaltspflichtige Revision ein.
Der Ehevertrag sei sittenwidrig, erklärte der Bundesgerichtshof, weil aufgrund der ungleich stärkeren Verhandlungsposition des Mannes ein unzureichender Unterhaltsbetrag vereinbart wurde (XII ZR 25/04). Eine Rechtfertigung dafür sei nicht ersichtlich. Die Ehefrau habe, um die Kinder zu betreuen, eine gut bezahlte Arbeit aufgegeben und auf Karriere sowie eigene Altersversorgung verzichtet. Diese ehebedingten Nachteile gleiche ein Unterhalt in der vertraglich festgelegten Höhe nicht annähernd aus. Der Vertrag sei eine Zumutung, auf die sich die schwangere Frau nur eingelassen habe, um die Heirat nicht zu gefährden und der gefürchteten Doppelbelastung durch Beruf und Kindererziehung zu entgehen.