Patient erblindet nach Bypass-Operation

Schon bei den ersten Sehstörungen hätten die Klinikärzte einen Augenarzt hinzuziehen müssen

onlineurteile.de - 1998 war der herzkranke Patient operiert worden (Bypass-Operation). Schon am Tag danach begannen die Sehstörungen, zuerst am linken Auge. Ein behandelnder Arzt telefonierte mit einem auswärtigen Augenarzt: Der empfahl eine Computertomografie, die aber keinen Hinweis ergab. Drei Tage nach dem Eingriff sah der Patient auch auf dem rechten Auge schlechter.

Später diagnostizierte ein Augenarzt eine Störung der Sehnerven: eine allergische Reaktion auf Kontrastmittel, die bei der Operation verwendet wurden. Das Augenlicht des Patienten konnte auch in einer Spezialklinik nicht mehr gerettet werden, er erblindete vollständig. Er verklagte den Klinikträger und den Operateur auf Schadenersatz, zunächst vergeblich.

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil der Vorinstanz auf, verwies die Sache zurück und machte dem blinden Mann wieder etwas Hoffnung (VI ZR 251/08). Dass der Patient nicht sofort, als die ersten Sehstörungen auftraten, von einem Augenarzt untersucht worden sei, sei als grober Behandlungsfehler einzustufen, so die Bundesrichter.

Ein grober Behandlungsfehler liege nicht erst dann vor, wenn eine gebotene Therapie unterlassen werde, sondern bereits dann, wenn Ärzte es versäumten, einen aus medizinischer Sicht gebotenen Befund zu erheben. Wenn so ein Versäumnis zumindest potenziell die (Mit-)Ursache des Krankheitsverlaufs sein könne, kehre sich die Beweislast zu Gunsten des Patienten um.

Das erleichtert dem Patienten die Durchsetzung seiner Interessen, was bedeutet: Nicht mehr der Patient muss - wie sonst üblich - beweisen, dass das ärztliche Versäumnis die Ursache für seinen Gesundheitsschaden ist. Vielmehr müssen hier nun Operateur und Klinik nachweisen, dass die unterlassene augenärztliche Untersuchung nicht zur Blindheit des Patienten geführt hat.