Pendler tankte Benzin statt Diesel
onlineurteile.de - Früh am Morgen machte sich der Berufspendler mit dem Auto auf den Weg von seinem Wohnort zur Arbeitsstelle. Wahrscheinlich war er noch nicht hellwach — jedenfalls erwischte er an der Tankstelle aus Versehen Benzin statt Diesel. Nach kurzer Fahrt lief der Motor unregelmäßig.
Der Arbeitnehmer schaffte es gerade noch zu einer nahe gelegenen Werkstatt, die den Motorschaden für rund 4.300 Euro reparierte. Die Kfz-Versicherung lehnte es ab, die Reparaturkosten zu ersetzen: Der Versicherungsnehmer habe den Schaden grob fahrlässig herbeigeführt, warf sie ihm vor.
Als der Autofahrer die Reparaturkosten bei seiner Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend machte, erlebte er die nächste Abfuhr. Mit der Pendlerpauschale seien die Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle abgehakt, teilte das Finanzamt mit. Ausnahmsweise erkenne es auch Kosten eines Unfalls als Werbungskosten an. Hier gehe es aber nicht um einen Unfall.
Der Pendler klagte gegen den Steuerbescheid und bekam vom Finanzgericht Niedersachsen Recht (9 K 218/12). Damit widersprach das Finanzgericht der bisherigen Rechtsprechung in dieser Frage. Auch die Finanzverwaltung hat immer nur die Entfernungspauschale vom zu versteuernden Einkommen abgezogen und — abgesehen von Unfallkosten — Ausnahmen stets abgelehnt.
Diese Praxis entspreche zwar dem Wortlaut des Einkommensteuergesetzes (§ 9 Absatz 2 Satz 1), argumentierte nun das Finanzgericht Niedersachsen, aber nicht dem objektiven Willen des Gesetzgebers, wie er in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck komme. Es sei daher geboten, das Gesetz gemäß der bis 2001 bestehenden Rechtslage zu interpretieren.
Damals seien zusätzlich zur Kilometerpauschale stets auch außergewöhnliche "Wegekosten" als Werbungskosten steuerlich berücksichtigt worden. Dazu zählten zum Beispiel Motorschäden und Verluste durch Diebstahl oder durch Unfälle. (Die Finanzverwaltung hat gegen das Urteil Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt.)