Querschnittslähmung nach Rückenoperation

Junge Frau kämpft seit 1992 um Schmerzensgeld vom Orthopäden

onlineurteile.de - Ein junges Mädchen litt ab dem 13. Lebensjahr an fortschreitender Verkrümmung der Wirbelsäule (Skoliose). Da konservative Maßnahmen erfolglos blieben, riet der behandelnde Orthopäde den Eltern, die Missbildung operativ zu korrigieren. Der Eingriff wurde mehrfach verschoben, jedes Mal fand ein Gespräch mit den Eltern statt: Sie wurden über die Risiken der Operation informiert (Infektionen, Querschnittslähmung, Nervenverletzung, Thrombosen). Nicht erwähnt wurde die Möglichkeit von Pseudarthrose (Falschgelenkbildungen) und Verwachsungen im Brustraum. Das Mädchen war bei allen Gesprächen dabei und mit dem Eingriff einverstanden, die Eltern stimmten ebenfalls zu.

Eine Einblutung in den Rückenmarkskanal bei der Operation im Februar 1992 führte zur Querschnittslähmung; Pseudarthrose und Verwachsungen kamen später dazu. Die Patientin verklagte Orthopäden und Klinik auf Schmerzensgeld - zuerst wegen Kunstfehlern, dann wegen unzulänglicher Aufklärung. Das Risiko sei verharmlost worden. Die Klage scheiterte in allen Instanzen, erst der Bundesgerichtshof (BGH) stellte sich auf die Seite der jungen Frau (VI ZR 74/05).

Die Aufklärung der Patientin und ihrer Eltern sei unvollständig gewesen, erklärte der BGH, weil typische Risiken des operativen Verfahrens (von vorne durch die Brust) nicht erörtert wurden: Pseudarthrose, Rippeninstabilität, Verwachsungen. Auch über weniger schwere Risiken ("weniger schwer" im Vergleich zur Lähmung) müsse man den Patienten aufklären, wenn sie typisch seien für den Eingriff und im Fall des Falles das Leben des Patienten schwer belasten könnten.

Fehlerhafte Aufklärung führe grundsätzlich zur Haftung für die Operationsfolgen. Zudem sei hier auch gewiss, dass die Patientin der Operation nicht zugestimmt hätte, wenn ihr das Ausmaß des Risikos klar gewesen wäre. Schließlich habe sie vor dem Eingriff nicht unter großen Beschwerden gelitten, am Turnunterricht teilnehmen und sogar reiten können.