Rad gegen Smart
onlineurteile.de - An einer Münchner Kreuzung kamen sich ein Radfahrer und der Fahrer eines Smart Cabrios in die Quere. Der Radfahrer schilderte den Vorfall so: Der Smart habe ihn beim Überholen fast berührt, so dicht sei der Autofahrer 'rangefahren. Als er laut geschimpft habe, habe ihm der Cabrio-Fahrer den "Stinkefinger" gezeigt. Danach habe ihn der Autofahrer so gemein ausgebremst, dass er ins Straucheln kam und stürzte. Das könne er beweisen, weil er die Fahrt auf Video aufgenommen habe.
Bei dem Unfall hatte sich der Radfahrer verletzt und auch das Rad war beschädigt. Für Arzt- und Reparaturkosten verlangte der Radfahrer von seinem Widersacher 3.000 Euro Schadenersatz plus angemessenes Schmerzensgeld. Der Autofahrer protestierte gegen das selbst gedrehte Video als Beweismittel, weil es sein Persönlichkeitsrecht verletze. Doch der Radfahrer bestand darauf, es im Prozess zu verwerten — ein Eigentor, wie sich herausstellen sollte.
Das Amtsgericht München beauftragte einen Verkehrssachverständigen damit, das Video zu begutachten (343 C 4445/13). Und der Experte kam zu dem Schluss, dass der Radfahrer den Unfall selbst verschuldet hatte. Er sei mit 24 km/h hinter dem Auto hergefahren und hätte bei diesem Tempo einen Abstand von zwölf Metern einhalten müssen. Stattdessen sei der Radfahrer auf acht Meter aufgefahren. Als der Smart bremste, hätte er trotzdem mit gleichzeitigem Einsatz von Hinterrad- und Vorderradbremse rechtzeitig anhalten können.
Der Autofahrer habe keineswegs gebremst, um den Radfahrer für seine Schimpftirade zu "bestrafen". Vielmehr sei ihm ein anderer Wagen entgegengekommen. Das Video zeige auch keinen ausgestreckten Mittelfinger, sondern nur eine erhobene Faust. Dass der Cabrio-Fahrer — wie er behaupte — beim Fahren öfter die Hand an den oberen Türholm lege, könne man nicht ausschließen.
Der Schuss mit dem Videobeweis ging also nach hinten los. Die Richterin hatte die Verwertung des Videos vor Gericht für zulässig erklärt, weil der Smart-Fahrer — vor dem Unfall — ebenso zufällig aufgenommen wurde wie Personen, die beim Knipsen im Urlaub versehentlich aufs Bild geraten. In der Regel seien dem Fotografen zufällig fotografierte Personen unbekannt und daher durch das Foto nicht in ihrem Persönlichkeitsrecht betroffen.
Nach einem Unfall dürften Unfallbeteiligte ohnehin Fotos oder Videos machen, um Beweise zu sichern. Dieses Interesse sei anerkannt. Wenn zufällig schon vorher angefertigte Aufnahmen dafür verwendet würden, mache das keinen Unterschied.