Radfahrer stürzt mit Kind im Fahrradsitz

Vor der Straßenbahn die Schienen überquert - Junge ohne Helm verletzt

onlineurteile.de - Der Fünfjährige saß im Fahrradsitz zwischen dem Lenker und Radfahrer P, einem Freund seiner Mutter. Die Mutter radelte in der Stadt hinter P her, an Straßenbahnschienen entlang. Obwohl ihm eine Straßenbahn entgegenkam, versuchte P "eben noch schnell" vor der Bahn die Schienen zu überqueren. Dabei zwängte er sich durch die Drängelgitter an einer Haltestelle, ohne Handzeichen zu geben.

Der Straßenbahnfahrer bremste zwar und berührte das Rad kaum, doch P stürzte in der Hektik. Das Rad schlug gegen das Gitter; dabei wurde der Junge - der keinen Schutzhelm trug - erheblich verletzt. In einem Strafverfahren wurde P wegen fahrlässiger Körperverletzung verwarnt und zu einem sozialen Einsatz verdonnert. Als Arbeitgeber des Fahrers ersetzten die kommunalen Verkehrsbetriebe der Krankenversicherung des Jungen die Behandlungskosten, forderten aber den Betrag von P (bzw. dessen Haftpflichtversicherung) zurück.

Zu Recht, wie das Oberlandesgericht (OLG) Celle urteilte (14 U 179/07). Denn der Straßenbahnfahrer hatte keine Chance, den Unfall zu verhindern. "Warum hätte er früher bremsen sollen?", fragte sich das OLG. Der Radfahrer hätte den Vorrang der Straßenbahn respektieren müssen. Nicht einmal der umsichtigste Straßenbahnfahrer könne mit so einem krassen Fehlverhalten rechnen. Und P habe nicht nur die Vorfahrt ignoriert: Obwohl ein Rad mit Kindersitz viel weniger wendig sei, habe er sich durch das Drängelgitter schlängeln wollen, ohne abzusteigen.

Erfolglos blieb das Bemühen der beteiligten Versicherung, der Mutter eine Mitschuld zuzuschieben, weil sie es zugelassen hatte, dass P ihren Jungen ohne Fahrradhelm mitnahm. Das sei nicht grob fahrlässig, erklärte das OLG, auch wenn es belegt sei, dass Helme Kopfverletzungen verhinderten. Bis jetzt gebe es in der deutschen Öffentlichkeit keine allgemeine Überzeugung, dass es zwingend notwendig sei, beim Radfahren Schutzhelme zu tragen (mit Ausnahme des Rennsports). Eine solche Vorschrift sei vom Gesetzgeber noch nicht einmal ernsthaft diskutiert worden.