Radunfall an der Bushaltestelle

Radfahrer müssen so fahren, dass sie das Rad ständig im Griff haben

onlineurteile.de - Auf einem (nur farblich markierten) Radweg fuhr ein Radfahrer mit ca. 15 km/h auf eine Bushaltestelle zu. Dort warteten zwei Frauen auf den Bus und unterhielten sich. Eine von ihnen stand ganz nah am Radweg, mit dem Rücken zum Radfahrer. Der Mann klingelte etwa zehn Meter vor der Haltestelle, fuhr aber nicht langsamer. Als die Frau sich leicht zum Radweg hin drehte, bekam er Angst vor einem Zusammenstoß. Vor lauter Schreck bremste der Radfahrer so abrupt, dass das Vorderrad blockierte: Er flog über den Fahrradlenker und verletzte sich beim Aufprall am Rücken.

Von der Frau forderte er Schadenersatz. Das Oberlandesgericht Düsseldorf gab ihm Recht: Der Radfahrer habe immerhin geklingelt und so auf sich aufmerksam gemacht. Dass er dann falsch reagiert, d.h. zu heftig gebremst habe, könne man ihm nicht als Verschulden ankreiden. Doch der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf und verwies die Sache zurück (VI ZR 171/07). Den Verletzten treffe sehr wohl eine erhebliche Mitschuld, fanden die Bundesrichter.

Vorzuwerfen sei ihm nicht die falsche Reaktion, sondern dass er mit gleich bleibendem Tempo weitergefahren sei. An einer Bushaltestelle müssten Radfahrer besonders aufpassen und bremsbereit sein. Auch bei getrennten Rad- und Fußwegen müssten sie auf Fußgänger Rücksicht nehmen und dürften nur so schnell fahren, dass sie das Fahrrad beherrschten und innerhalb der überschaubaren Strecke anhalten könnten.

Im konkreten Fall sei klar gewesen, dass die wartende Frau durch das Gespräch abgelenkt war und mit einem einzigen Schritt auf den Radweg treten konnte. Da sie auf das Klingeln nicht reagierte, hätte der Radfahrer langsamer fahren müssen, um im Fall des Falles sofort stehen bleiben zu können.

(P.S.: Der Radfahrer hatte keinen Helm getragen. Da seine Verletzungen jedoch davon nicht beeinflusst waren, setzte sich der BGH mit der Frage der Helmpflicht für Fahrradfahrer nicht auseinander.)