Rangelei bei der Trauerfeier

Pressefotograf wollte auf der Beerdigung einer ermordeten Frau Fotos schießen

onlineurteile.de - Eine Frau war ermordet worden. Wegen der tragischen Umstände ihres Todes berichtete die Boulevardpresse ausführlich darüber. Weil die Familie schon ahnte, dass die Presse vor der Trauerfeier nicht Halt machen würde, wandten sich die Angehörigen an den Inhaber eines Wachschutzunternehmens, Herrn K: Er sollte dafür sorgen, dass niemand die Trauergäste fotografierte.

Prompt erschienen auf dem Friedhof Fotograf B und eine Redakteurin der A-Zeitung, um von der Trauerfeier zu berichten und Fotos zu schießen. Herr K erfüllte seinen Auftrag und wies die Pressevertreter darauf hin, dass die Familie der Verstorbenen das nicht wünsche. B trollte sich zunächst, postierte sich aber dann am Zaun und knipste von dort aus die Trauernden vor der Trauerhalle.

K eilte herbei und hielt seine Hand vor das Kameraobjektiv. Der Fotograf versuchte, ihn wegzuschubsen, schlug mit dem Objektiv gegen das Gesicht des Wachmanns. Nun packte K den B, bei der Rangelei stürzten schließlich beide Männer zu Boden. K erlitt Prellungen im Gesicht und einen Einriss am Handgelenk. Die Hand wurde geschient, K war mehrere Wochen arbeitsunfähig.

Den Fotografen verklagte er auf Zahlung von Schmerzensgeld. Der beschuldigte umgekehrt K, als erster handgreiflich geworden zu sein. Auch er, B, sei an Schulter und Ellbogen verletzt. Das Landgericht Frankfurt (Oder) verurteilte den Fotografen dazu, an den Wachmann 600 Euro Schmerzensgeld zu zahlen (16 S 251/12).

Auch K habe zugeschlagen, räumte das Gericht ein. Das sei aber zulässige Notwehr gewesen, weil es rechtswidrig war, die Trauergäste gegen deren Willen zu fotografieren. Daher habe B die Folgen des Risikos zu tragen, das er einging, als er die Trauerfeier störte. K habe die Grenzen der notwendigen Verteidigung nicht überschritten.

Schwerer als das Grundrecht auf Pressefreiheit wiege hier das Interesse der Familie, bei der Trauerfeier "unter sich zu bleiben". Die Angehörigen hätten Anspruch darauf, dass ihre Privatsphäre gewahrt und ihre Trauer respektiert werde. Sie dürfe kein Gegenstand öffentlicher Neugier werden, auch oder gerade dann nicht, wenn die Verstorbene einem Verbrechen zum Opfer fiel.

Bei der Beerdigung eines nahen Angehörigen sei der emotionale Druck groß. Die Verwandten sollten sich frei von öffentlicher Beobachtung und der damit verbundenen Selbstkontrolle gehen lassen können. Die Familie müsse nicht erst die Publikation von Fotos abwarten. Sie habe das Recht, Bildberichterstattung von vornherein zu verhindern. Dass sich B an den Zaun gestellt habe, ändere daran nichts. Heutzutage sei die Technik so weit fortgeschritten, dass ein Berufsfotograf auch aus großer Distanz gute Aufnahmen anfertigen könne.