Reality-TV mit Gerichtsvollzieherin

Privatfernsehsender sendet Bericht über einen Schuldner, der gar keiner war

onlineurteile.de - Im Juni 2007 berichtete ein privater Fernsehsender über die Arbeit einer Münchner Gerichtsvollzieherin. Ein Kamerateam begleitete die Frau dabei, wie sie in aller Frühe (mit Polizeibeamten und einem Schlosser) die Wohnung eines gesuchten Schuldners aufbrach und betrat. Da kam ihr ein verschlafener, nur mit einer Unterhose bekleideter Mann entgegen. Auf Verlangen zeigte er den Polizisten brav seinen Ausweis.

Die Kontrolle brachte es an den Tag: Der Mann war gar nicht der gesuchte Schuldner. Gesendet wurde die entwürdigende Szene trotzdem. Der unfreiwillige Hauptdarsteller des Berichts verklagte den Sender auf Schmerzensgeld. Darauf habe er Anspruch, urteilte das Landgericht München I, und sprach ihm 5.000 Euro zu (9 O 18165/07). Der gegen den Willen des Gefilmten gesendete Bericht verletze dessen Persönlichkeitsrecht.

Zwar behauptete der Verantwortliche des Fernsehsenders, sein Team habe den Mann über den Bericht informiert und er habe der Ausstrahlung zugestimmt. Das half ihm aber nichts: Wenig glaubwürdig sei das angesichts der absurden Situation, fand das Gericht.

Wenn jemand von zwei Polizisten aus dem Bett getrommelt werde, die den Ausweis sehen wollten, werde er schlicht überrumpelt. Zudem stamme der Mann aus der Slowakei, könne nicht richtig deutsch und habe wohl kaum verstanden, was ihm das Kamerateam mitteilte. Indem es die Wohnung betrat, habe das Team den Straftatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt und anschließend die Verwirrung des Mannes ausgenutzt, um ihm die Sendeerlaubnis abzuluchsen. Ein so erreichtes Einverständnis sei nichtig. (Der Sender legte gegen das Urteil Berufung ein.)