Reisekrankenversicherung

Ist der Herzinfarkt einer herzkranken Frau "akut und unerwartet"?

onlineurteile.de - Ein deutscher Staatsbürger hatte im Herbst 2007 seine Schwiegermutter eingeladen, die auf den Philippinen lebte. Vor der Reise schloss er für sie eine Reisekrankenkostenversicherung für Besucher der Bundesrepublik Deutschland ab. Laut Vertrag bestand Versicherungsschutz nur bei akuter, unerwarteter Erkrankung, Verletzung oder unerwartetem Todesfall. Die Schwiegermutter war herzkrank, litt an Diabetes und Bluthochdruck.

Ein letztes EKG vor der Reise zeigte einen alten, kleineren Herzinfarkt. Eine Woche nach ihrer Ankunft in Deutschland erlitt die (inzwischen verstorbene) Schwiegermutter erneut einen Herzinfarkt und musste sich einer Bypass-Operation unterziehen. Nach fünf Wochen im Krankenhaus wurde sie bis Dezember 2007 ambulant ärztlich behandelt. Der Schwiegersohn forderte von der Versicherung Behandlungskosten von insgesamt 24.147 Euro ersetzt.

Die Versicherung winkte ab: Die Vorerkrankungen der Reisenden und der mit der Reise verbundene Klimawechsel hätten ihr Herzinfarktrisiko objektiv erhöht, erklärte sie. Angesichts dieser Umstände sei ein Herzinfarkt sei nicht als unerwartete Krankheit einzustufen. Dagegen argumentierte der Bundesgerichtshof: Hier gehe es nicht allein um den objektiven Gesundheitszustand, sondern auch um die subjektive Sicht der versicherten Person (IV ZR 227/09).

Entscheidend sei, welche Auskunft die behandelnden Ärzte dem Versicherungsnehmer und der versicherten Person konkret gegeben hatten. Davon hänge wesentlich ab, ob die Krankheit während der Reise für sie beide plötzlich und unerwartet aufgetreten sei. Nichts lege den Schluss nahe, Schwiegermutter und Schwiegersohn hätten mit einem Herzinfarkt bei ihrem Besuch in Deutschland gerechnet.

Wer wisse, dass er sich damit in Lebensgefahr bringe, trete so eine weite Reise wohl gar nicht erst an. Daher sei der Herzinfarkt der Versicherten als akute, plötzliche Krankheit anzusehen. Dessen Behandlung müsse der Versicherer finanzieren, nicht aber die Behandlung der bekannten Vorerkrankungen der Schwiegermutter.