Rüffel für bayerische Justizbehörden
onlineurteile.de - Dass bei dem Verhafteten etwas nicht stimmte, war schon nach der ersten Vernehmung klar. Im Sommer 2006 hatte er vor der Wohnungstüre einer ihm bekannten Familie einen Kanister Benzin ausgegossen und angezündet, angeblich, um einen gegen ihn verhängten "Vodoo-Zauber" zu entkräften. Die Anklage lautete auf schwere Brandstiftung und versuchten Mord.
Trotz der offenkundigen Wahnvorstellungen des Attentäters zögerten die Beamten, einen Sachverständigen einzuschalten, um seine Schuldfähigkeit zu prüfen. Man wolle erst einmal fertig ermitteln, hieß es bei der Kriminalpolizei. Das Oberlandesgericht verlängerte im Januar und Mai 2007 die Untersuchungshaft. Erst im März wurde ein Psychiater mit einem Gutachten beauftragt, das aber noch nicht fertig war, als im Mai 2007 die Anklageschrift vorgelegt wurde. Der Anwalt des Inhaftierten erhob Verfassungsbeschwerde: "Sechs Monate U-Haft müssten genügen".
So sah es auch das Bundesverfassungsgericht: Die bayerischen Gerichte und Justizbehörden seien für die unglaubliche Verzögerung (über fünf Monate!) verantwortlich (2 BvR 971/07). Man müsse den Haftbefehl unverzüglich aufheben und den Mann aus der U-Haft entlassen. Wenn schon bei der ersten Vernehmung nicht zu übersehen sei, dass ein psychologisches Gutachten nötig werde, müsse man es sofort in Auftrag geben. Da brauche es keine weiteren Indizien durch kriminaltechnische Ermittlungen. Hätte man den Psychiater sofort beauftragt, hätte man die Ermittlungen bereits im November 2006 abschließen und die Anklageschrift erstellen können.