Schäferhund zerbeißt einem Kind das Gesicht

Haftpflichtversicherung des Tierhalters will den Jungen mit einem Butterbrot abspeisen

onlineurteile.de - Ein siebenjähriger Junge wurde von der Mutter in den Hof des Wohnhauses geschickt, um Müll zum Container zu bringen. Dort lief der Schäferhund eines anderen Bewohners unbeaufsichtigt herum. Plötzlich und unvermittelt griff der Hund den Jungen an und zerbiss dessen Gesicht. Mit schweren Verletzungen wurde das Kind ins Krankenhaus gebracht. Das Gesicht wird (an Nase und Wange) dauerhaft entstellt bleiben, Funktionsstörungen an der Lippe kamen dazu.

Dass für diese Körperverletzung die Haftpflichtversicherung des Tierhalters einzustehen hat, darüber bestand kein Zweifel. Allerdings versuchte sie, den unglücklichen Jungen mit einem Butterbrot abzuspeisen. Vor dem Prozess um Schmerzensgeld zahlte ihm die Versicherung 800 Euro. Dann bot sie 2.500 Euro, um die Klage abzuwenden. Der Anwalt des Jungen lehnte dies ab. Und noch während des Prozesses vor dem Landgericht Berlin schickte die Versicherung einen Scheck über 7.200 Euro, damit das Kind seine Klage zurückzog.

Wegen dieser Manöver erhöhte das Landgericht Berlin das Schmerzensgeld für den Jungen von 19.000 Euro auf 22.000 Euro (10 O 415/05). Der hohe Betrag sei angemessen, weil das Kind schwer verletzt wurde und das Gesicht schlimm entstellt sei, so das Landgericht. Die Entstellung werde den Jungen sein ganzes Leben lang begleiten - mit all den nicht abschätzbaren Folgen für das Selbstwertgefühl. Außerdem sei das Verhalten der Versicherung zu missbilligen. Sie habe über Monate ihre Machtposition eingesetzt, um Geld zu sparen. Ihre "Lockangebote" seien so lächerlich niedrig gewesen, dass sie dem Leiden des Kindes Hohn sprachen.

Zuletzt hatte das Unternehmen die Höhe des Schmerzensgeldes mit dem Argument in Frage gestellt, für Gesichtsverletzungen bei einem Mädchen wäre es vielleicht angemessen, aber nicht bei einem Jungen. So eine Unterscheidung sei längst nicht mehr zeitgemäß, konterte das Landgericht. Denn das äußere Erscheinungsbild spiele - in unserer von den Medien geprägten Gesellschaft mit entsprechenden Schönheitsvorstellungen - für beide Geschlechter die gleiche Rolle.