Scheidungskind besucht die Mutter und will nicht zurück

Die Rückkehr zu erzwingen, widerspräche dem Kindeswohl

onlineurteile.de - Die Eltern waren zutiefst zerstritten, als sie sich trennten, und das bekam der zehnjährige Sohn zu spüren. Zwei Jahre hatte er die Mutter, die nun in einer anderen Stadt wohnte, nicht mehr gesehen. Als er dann endlich einmal die Herbstferien bei der Mutter verbringen durfte, stellte er am Ende klar: "Ich gehe nicht zurück zu Papa, ich bleibe bei Dir". Falls sie ihn zurückbringe, haue er eben ab. Die Mutter versuchte es, doch der Junge weigerte sich, ihr Auto zu verlassen. Also kehrten die beiden wieder um.

Seinen Wunsch teilte das Kind auch dem Vater und dem Jugendamt mit. Seitdem wohnt der Junge bei der Mutter. Der Vater beantragte bei Gericht die Herausgabe des Kindes, notfalls mit Gewalt. Die Mutter halte widerrechtlich das Kind zurück. Die Amtsrichterin sah das anders: Den Jungen unter Zwang zurückzubringen, widerspräche dem Kindeswohl, fand sie.

Der Junge muss nicht zum Vater zurück, bestätigte das Oberlandesgericht Brandenburg (9 UF 214/06). In erster Linie gehe es um das Wohl des Kindes und dabei spiele auch dessen Wille eine Rolle. Eine erzwungene Rückkehr führe nur zu seelischen Schäden.

Wenn ein Elternteil sich nicht an Vereinbarungen halte, könne zwar der andere - auch bei geteiltem Sorgerecht - die Herausgabe des Kindes verlangen. Die Mutter habe jedoch den Jungen nicht "widerrechtlich behalten", sondern deshalb, weil es der Junge unbedingt wollte. Der Zehnjährige habe unmissverständlich und bemerkenswert klar gegenüber dem Gericht begründet, warum er sich bei der Mutter besser aufgehoben fühle.