Schleichwerbung im Fernsehen ...
onlineurteile.de - 2003 hatte der griechische Privatsender "Alter Channel" in einer Sendung eine kosmetische Zahnbehandlung vorgestellt. Eine Patientin wurde vor, während und nach der Behandlung gezeigt. Die Moderatorin unterhielt sich mit einer Zahnärztin, die die Prozedur als "Weltneuheit" anpries. Anschließend ging es um Wirksamkeit und Kosten der Behandlung.
Das sei "Schleichwerbung", fand der griechische "Nationale Rat für Rundfunk und Fernsehen" und brummte dem Inhaber des Fernsehsenders eine Geldbuße von 25.000 Euro auf. Der Beschuldigte wehrte sich mit einer Klage. Die oberste griechische Instanz in solchen Fragen, der "Symvoulio tis Epikrateias", fragte beim Europäischen Gerichtshof nach, wie die EU-Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen" in diesem Punkt auszulegen sei.
Diese Richtlinie enthält einige Normen zum Verbraucherschutz, verbietet u.a. Schleichwerbung: Wenn ein Sender absichtlich zu Werbezwecken Waren oder Dienstleistungen darstelle, ohne diesen Zweck kenntlich zu machen, sei das Schleichwerbung. "Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt".
Der Fernsehsender hatte die Geldbuße mit dem Argument angegriffen, von der Zahnklinik keine Vergütung für den Fernsehbericht kassiert zu haben. Doch: Auch ohne Entgelt kann eine beabsichtigte Schleichwerbung vorliegen, erklärte der Europäische Gerichtshof (C-52/10). In der griechischen Fassung der Richtlinie fehle das Wort "insbesondere". Nach dem Zweck der Regelung sei ihr Inhalt trotzdem eindeutig.
Ein Entgelt sei kein notwendiges Merkmal von Schleichwerbung, sondern nur ein Kriterium, das für Werbeabsicht spreche. Sei kein Geld geflossen (oder eine andere Gegenleistung geboten worden), könne man deshalb Schleichwerbung nicht ausschließen. Das würde die Interessen der Zuschauer beeinträchtigen und das Verbot von Schleichwerbung aufweichen. Denn in vielen Fällen dürfte es schwierig oder gar unmöglich sein, die Existenz eines Entgelts oder einer Gegenleistung für eine Werbung im Fernsehen nachzuweisen, wenn sich diese als Bericht über eine Ware oder eine Dienstleistung "tarne".