Schulpflicht geht vor!

Eltern lehnen aus religiösen Gründen die Teilnahme ihrer Kinder am Schulunterricht ab

onlineurteile.de - Seit ihre Kinder das Grundschulalter erreichten, lagen die Eheleute im Clinch mit den Behörden: Sie gehörten einer Glaubensgemeinschaft an, die den Besuch staatlicher Schulen aus religiösen Gründen ablehnt. Die Behörden bestanden auf der Teilnahme am Schulunterricht, die Eltern auf Heimunterricht. Schließlich bestellte das Familiengericht eine Pflegerin vom Jugendamt für die Kinder und entzog den Eltern das Recht zur Regelung von schulischen Angelegenheiten. Wenn sich die Eltern weiterhin stur stellten, werde man für die Kinder eine Pflegefamilie suchen, kündigte der Richter an.

Die Beschwerde der Eltern gegen diese Entscheidung hatte beim Oberlandesgericht Hamm keinen Erfolg (6 WF 297/05). Schulpflicht diene dem Wohl der Kinder und stehe nicht zur Disposition der Eltern, erklärten die Richter. Soziale Kompetenz im Umgang mit Andersdenkenden, Toleranz und Dialog, aber auch Selbstbehauptung könne man nur in Kontakt mit der Gesellschaft einüben. In der Schule werde dies zum Teil der Alltagserfahrung. Zudem habe auch die Allgemeinheit ein berechtigtes Interesse daran, Minderheiten zu integrieren und das Entstehen religiös oder weltanschaulich motivierter "Parallelgesellschaften" zu verhindern.

Ob die Behörden zum äußersten Mittel greifen und den Eltern die Kinder wegnehmen müssten, hätten die Eltern selbst in der Hand. Wenn sie sich weiterhin widersetzten, habe man keine andere Wahl: Man könne die Kinder ja nicht jeden Tag von der Polizei abholen lassen. Die Pflegerin vom Jugendamt solle versuchen, die unvermeidlichen Spannungen möglichst schonend auszugleichen.