Sechsjähriger von Auto angefahren
onlineurteile.de - Mutter und Sohn waren mit dem Fahrrad in der Stadt unterwegs. An einer stark befahrenen Straße stiegen die Radfahrer ab, um sie zu Fuß zu überqueren. Einen Moment lang hatte die Mutter den Eindruck, "nun geht es". Sie bewegte sich leicht vorwärts, sah dann aber ein Auto herankommen und blieb stehen. Doch der Junge lief los und kam unter die Räder. Er wurde schwer am Kopf verletzt. Die Kfz-Haftpflichtversicherung der Autofahrerin zahlte für die Heilbehandlung 50.000 Euro, weitere Kosten sind absehbar.
Um ihre Ausgaben zu begrenzen, versuchte es die Versicherung mit einer Klage gegen die Mutter: Sie müsse für die Hälfte der Unfallfolgekosten selbst aufkommen, weil sie ihre Aufsichtspflicht verletzt habe. Die Frau hätte den Jungen an die Hand nehmen müssen, um so eine falsche Reaktion zu verhindern. Zudem gebe es nur 200 Meter von der Unfallstelle entfernt einen Fußgängerüberweg mit Ampel. Den hätte sie benutzen müssen. Und Helm habe das Kind auch keinen getragen.
Ihr Sohn habe sich im Straßenverkehr schon recht routiniert bewegt, verteidigte sich die Mutter. Sie habe ihm immer viel Freiraum gelassen, um ihn zur Selbständigkeit im Verkehr zu erziehen. Die Vorwürfe des Kfz-Versicherers wies auch das Landgericht Coburg zurück (21 O 757/10). An der Unfallstelle die Straße zu überqueren, sei nicht prinzipiell riskant — sie sei da sehr übersichtlich. Dass das Kind keinen Helm trug, sei unerheblich, denn es habe beim Unfall das Rad geschoben.
Der Sechsjährige sei kein Neuling auf dem Rad, sondern ein geübter Fahrer, und im Verkehr immer zuverlässig gewesen. So ein Kind müsse man nicht zwingend an die Hand nehmen. Dass sich die Mutter für den Bruchteil einer Sekunde getäuscht und den Wagen übersehen habe, rechtfertige nicht den Vorwurf grober Fahrlässigkeit. Grundsätzlich hafteten Eltern ihren Kindern gegenüber nur für krasses Fehlverhalten — wenn sie weniger sorgfältig handelten, als sie es in eigenen Angelegenheiten zu tun pflegen.