Seniorin stürzt im Kaufhaus über ein Kleinkind
onlineurteile.de - Im Kaufhaus war nicht viel los, es hätte eigentlich ein gemütlicher Einkauf werden können. Der Vater schlenderte zwischen Warenregalen und sah sich um; sein dreieinhalb Jahre alter Sohn lief hinter ihm her. Plötzlich hörte der Mann einen schrillen Schrei. Als er sich umsah, lag eine alte Dame auf dem Boden - neben ihr das heulende Kind. Die 79-Jährige brach sich beim Sturz eine Kniescheibe, musste lange ins Krankenhaus und war danach auf einen Rollator als Gehhilfe angewiesen.
Wie es genau zu dem Sturz gekommen war, blieb umstritten. Der Vater behauptete, die alte Dame sei zwischen den Regalen gestanden, habe beim Heraustreten den Jungen übersehen und sei deshalb über ihn "drübergefallen". Dem widersprach die Verletzte: Das Kind habe sie im Laufen umgeworfen. Der Vater habe nicht genug auf den Jungen aufgepasst und schulde ihr deshalb Entschädigung. Die Seniorin verklagte ihn auf Zahlung von 3.000 Euro Schmerzensgeld.
Warum die alte Dame gestürzt sei, könne man nicht mehr rekonstruieren, so das Amtsgericht Konstanz (4 C 43/07). Weder der Vater des Jungen, noch die Begleiterin der Verletzten hätten den Sturz beobachtet. Ob das Kind die Frau wirklich umgerannt habe, könne aber offen bleiben. Denn der Vater habe in keinem Fall seine Aufsichtspflicht verletzt und hafte daher nicht für die Unfallfolgen.
Einen Dreijährigen müsse man nicht auf Schritt und Tritt überwachen oder ständig an der Hand führen. Das wäre schlicht nicht praktikabel und widerspräche auch dem Ziel, Kinder zu selbständigen Individuen zu erziehen. Die Eltern müssten ihnen gewisse Freiräume lassen. Wenn der Vater im Kaufhaus in der Nähe des Kindes bleibe, reiche das aus - er müsse es nicht in jeder Sekunde im Auge haben. Das gelte jedenfalls dann, wenn es sich um ein (für sein Alter) normal entwickeltes Kind handle, das nicht als "schwer zu kontrollieren" gelte.