Sittenwidrig niedriger Lohn:

Einzelhandels-Discounter zahlt einer Arbeitnehmerin 5,20 Euro die Stunde

onlineurteile.de - Seit 2001 arbeitet die Frau bei einer Einzelhandelskette, laut Arbeitsvertrag als "Packerin und geringfügig Beschäftigte". Ursprünglich war ein Stundenlohn von 10 DM vereinbart worden, ab 2004 zahlte die Arbeitgeberin 5,20 Euro. Das "entspreche dem allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet", fand sie. 2008 zog die Arbeitnehmerin vor Gericht, um eine Lohnerhöhung (rückwirkend ab 2004) durchzusetzen.

Der Stundenlohn stehe in einem auffälligen Missverhältnis zur Leistung, argumentierte die Frau. Sie werde kaum je als Packerin eingesetzt, sondern erfülle die Funktionen einer "klassischen Verkäuferin". Der Discounter sei zwar kein Mitglied des Arbeitgeberverbands und nicht an Tarifverträge gebunden. Weniger als die Hälfte des Tariflohns zu zahlen, sei aber sittenwidrig.

So sah es auch das Landesarbeitsgericht Hamm (6 Sa 1284/08). In Nordrhein-Westfalen seien im Einzelhandel durchgängig Tariflöhne gezahlt worden. Laut Gehaltstarifvertrag habe eine Verkäuferin Anfang 2004 1.946 Euro brutto verdient. Im konkreten Fall hätten Arbeitgeber und Arbeitnehmerin eine pauschale Vergütung vereinbart. Das bedeute: Mit dem Stundenlohn von 5.20 Euro würden Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und (rechtswidrig!) auch die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall abgegolten.

Wenn man dies berücksichtige, verdiene die Arbeitnehmerin 640 Euro im Monat. Damit werde das Niveau des tariflichen Gehalts um zwei Drittel unterschritten. Das sei sittenwidrig. Selbst wenn die Frau nur als Packerin eingesetzt wäre und deshalb der Lohntarifvertrag ausschlaggebend wäre, läge ihre Vergütung 60 Prozent unter dem Tariflohn. Die Praxis des Discounters könne man nur als Lohnwucher bezeichnen.