Sittenwidriger Ausschluss nachehelichen Unterhalts
onlineurteile.de - Ein deutscher Tropenarzt, Angestellter im öffentlichen Dienst, verliebte sich in Brasilien in eine elf Jahre jüngere Frau. Die 23-Jährige folgte ihm nach Deutschland, obwohl sie kein Wort Deutsch sprach. Es wurde geheiratet. Um finanzielle Gründe für die Ehe auszuschließen, setzte der Mann einen rigiden Ehevertrag durch: Gütertrennung, Verzicht auf nachehelichen Unterhalt, Ausschluss des Versorgungsausgleichs. Sollten einzelne Bestimmungen des Vertrags ungültig sein, stand da in einem Zusatz, sollte dies für die übrigen Regelungen ohne Wirkung bleiben.
Zwei Kinder bekam das Ehepaar, die Frau betreute sie und war nie berufstätig. 2003 wurde die Ehe geschieden und um den Ehevertrag gestritten. Das Oberlandesgericht erklärte den Ausschluss nachehelichen Unterhalts im Ehevertrag für sittenwidrig, weil die Ehefrau von dem gut verdienenden Arzt wirtschaftlich abhängig gewesen sei. Der Ehevertrag verteile die Lasten absolut einseitig: Die Frau stehe ohne jeden Schutz da und solle allein die ehebedingten Nachteile der Hausfrauentätigkeit tragen. Mit dem Gebot ehelicher Solidarität sei dies unvereinbar.
Der Arzt müsse der Geschiedenen daher Unterhalt zahlen. Dass gemäß dem Vertragszusatz der Ausschluss des Versorgungsausgleichs wirksam bleibe, sei aus diesem Grund nicht so schlimm: Wenn die Frau nun Unterhalt beziehe, könne sie sich ja künftig eine eigene Alterssicherung aufbauen. Diesem Argument widersprach der Bundesgerichtshof und hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf (XII ZB 250/03).
Wenn der Vertrag für die Frau ausnahmslos nachteilig und damit zu missbilligen sei, sei er ungeachtet der Zusatzklausel insgesamt nichtig. Unterhaltszahlungen könnten, auch wenn sie Altersvorsorgeunterhalt umfassten, den Versorgungsausgleich nicht ersetzen. Denn dieser sei dazu bestimmt, den Aufbau von Altersvorsorge in den vergangenen Jahren auszugleichen, der wegen der familiären Arbeitsteilung allein dem Ehemann vorbehalten blieb.