Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte

Gilt er auch, wenn dieser Status erst kurz vor der Kündigung beantragt wurde?

onlineurteile.de - Seit 1995 war die Arbeiterin bei der Firma beschäftigt, im Herbst 2004 drohte die Kündigung. Da probierte es die Frau mit einem Ausweg: Sie beantragte bei der zuständigen Behörde, einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt zu werden. Am 3. Dezember stellte die Arbeitnehmerin den Antrag, am 6. Dezember kündigte ihr der Arbeitgeber (ohne das Integrationsamt einzuschalten, weil er von dem Antrag nichts wusste).

Im April 2005 entschied die Behörde, den Gleichstellungsantrag zu akzeptieren: Der Status einer Schwerbehinderten wurde der Frau rückwirkend ab 3. Dezember 2004 zuerkannt.Nun zog die Frau vors Arbeitsgericht: Die Kündigung sei unwirksam, weil ihr zu diesem Zeitpunkt schon Sonderkündigungsschutz zustand. Dem widersprach das Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzurteil (2 AZR 217/06). Obwohl dem Antrag der Arbeitnehmerin rückwirkend entsprochen und sie damit einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt wurde, habe die Kündigung Bestand.

Zwar müsse der Arbeitgeber vor der Kündigung eines schwerbehinderten Mitarbeiters prinzipiell die Zustimmung des Integrationsamts einholen - andernfalls sei die Kündigung unwirksam. Im Sozialgesetzbuch sei aber auch eine Ausnahme von dieser Regel vorgesehen: Wenn Arbeitnehmer beim Zugang der Kündigung noch nicht als schwerbehindert (oder gleichgestellt) anerkannt seien, sei die Kündigung auch ohne Einverständnis des Integrationsamts zulässig.

Für Arbeitnehmer, die den Status des Schwerbehinderten (bzw. die Gleichstellung) vor der Kündigung beantragten, gelte: Um sich auf den Sonderkündigungsschutz berufen zu können, müssten sie den Antrag mindestens drei Wochen vor dem Zugang der Kündigung gestellt haben. (Die Frist dauere drei Wochen, weil dies die übliche Bearbeitungsfrist für derlei Anträge sei; seien ärztliche Gutachten nötig, verlängere sich die Frist auf sieben Wochen.)