Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung
onlineurteile.de - Nach der bisherigen Rechtsprechung wurden alle Kündigungen als unwirksam angesehen, wenn bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer ein Fehler passierte. Dies wurde nun vom Bundesarbeitsgericht (BAG) ausdrücklich verworfen (2 AZR 812/05 und andere).
Der konkrete Fall: Ein Arbeitgeber plante, weil sein Umsatz rückläufig war, 55 von über 500 Arbeitsplätzen abzubauen. Wer aus betrieblichen Gründen einem Teil der Belegschaft kündigt, muss eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten treffen (Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten etc.). So geschah es auch hier: Die Firma wandte ein Punktesystem an und kündigte den 55 Arbeitnehmern mit den niedrigsten Punktzahlen.
Sechs Mitarbeiter klagten gegen ihre Kündigung: Der Arbeitgeber habe einem Arbeitnehmer fünf Punkte zuviel gegönnt, argumentierten sie, der deshalb auf Platz 73 der Rangliste gelandet sei. Eigentlich gehöre dieser jedoch zur "Gruppe der 55" und hätte gekündigt werden müssen. Also sei die Sozialauswahl fehlerhaft, die betriebsbedingten Kündigungen damit unwirksam. Diese Argumentation entsprach der bisherigen Linie des BAG: Gekündigte Arbeitnehmer konnten sich durch Fehler bei der Sozialauswahl, die gar nicht sie selbst betrafen, vor der Kündigung retten.
Diese Linie wurde nun korrigiert: Könne der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess aufzeigen, so das BAG, dass ein gekündigter Arbeitnehmer auch bei einwandfreier Sozialauswahl den blauen Brief bekommen hätte, sei dessen Kündigung wirksam. Denn dann sei der Fehler nicht der Grund dafür, dass es gerade diesen Arbeitnehmers getroffen habe, und die Sozialauswahl (jedenfalls im Ergebnis) "ausreichend".