Springpferd verliehen
onlineurteile.de - Das Pferd heimste bei einem Turnier in Italien 2003 viel Ehre ein, doch mit der Ehre gab sich der Pferdezüchter nicht zufrieden. Sein Bruder, der ebenfalls für den Zuchtbetrieb tätig war, hatte es an einen Reiter verliehen, dessen eigenes Pferd erkrankt war. Er sollte das Ersatz-Springpferd auf internationalen Turnieren testen.
Den Test bestand das Tier mit Bravour: Der Berufssportler gewann mit dem flotten Gaul in Italien 31.500 Euro Preisgeld. Der Züchter gönnte ihm wohl den sportlichen Erfolg, aber nicht den Gewinn: Das Preisgeld stehe ihm als Eigentümer des Pferdes zu.
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm versuchte, Klarheit in den verwirrenden Fall zu bringen (I-21 U 133/10). War der Pferdezüchter überhaupt Eigentümer? Eine Vorbesitzerin hatte sich gemeldet und behauptet, das Springwunder gehöre immer noch ihr (laut internationalem Pferdepass). Der erfolgreiche Reiter wiederum behauptete, der Züchter habe ihm das Tier so gut wie verkauft. Nach einigen Recherchen stand für das OLG fest, dass das begabte Springpferd dem Pferdezüchter gehörte.
Also bekomme er auch das Preisgeld, entschied das Gericht: So entspreche es nationalem und internationalem Reglement (= den Statuten der Internationalen Reiterlichen Vereinigung FEI), so stehe es in der Ausschreibung des Turniers in Italien — und so sei es im Turniersport seit Jahrzehnten gängige Praxis. Jeder, der an einem internationalen Turnier teilnehme, unterwerfe sich damit diesen Regeln. Gegenteilige Absprachen zwischen dem Reiter und dem Bruder, der das Tier als Vertreter des Eigentümers verlieh, habe es nicht gegeben. Daher sei von einer Übereinkunft darüber auszugehen, dass der Eigentümer das Preisgeld erhalten sollte.
Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des OLG Hamm bestätigt (III ZR 306/11, 24. Mai 2012). Grundsätzlich gelte: Wer eine Sache ausleihe, dürfe sie benutzen. Weitere Vorteile, die ihm dadurch entstehen, dürfe er jedoch nicht behalten. Werde ein Turnierpferd vom Eigentümer an einen Reiter verliehen, stehen Preisgelder daher dem Eigentümer (Verleiher) zu — es sei denn, die Beteiligten hätten etwas Anderes vereinbart.