Staatsanwalt: eingenickt oder "abwesend"?

Straftäter rügt Verfahrensfehler während der Gerichtsverhandlung

onlineurteile.de - Vom Amtsgericht war der Mann wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt worden. Auf seine Berufung hin wurde die Strafe vom Landgericht zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten abgemildert. Damit war der Angeklagte aber noch nicht zufrieden. Er griff die Entscheidung mit einer formellen Rüge an: Der Vertreter der Staatsanwaltschaft habe im Prozess geschlafen.

Tatsächlich hatte sich der Vorsitzende Richter im Prozess, nachdem er den Angeklagten befragt hatte, an den Vertreter der Staatsanwaltschaft gewandt, um ihm das Wort zu erteilen. Dieser saß mit geschlossenen Augen, leicht geöffnetem Mund und nach hinten geneigtem Kopf auf seinem Platz und reagierte auf die Aufforderung des Vorsitzenden erst einmal nicht. Er sei in der Hauptverhandlung sozusagen "abwesend gewesen", schlussfolgerte der Angeklagte. Deswegen müsse der Prozess neu aufgerollt werden.

Das Oberlandesgericht Hamm ließ den Straftäter kurz und schmerzlos abblitzen (2 Ss 47/06). Natürlich müsse der Staatsanwalt in der Hauptverhandlung präsent sein. Vielleicht sei er aber nur einen Moment unaufmerksam gewesen, eventuell für einen Augenblick eingenickt. Von "Abwesenheit" könnte jedenfalls nur die Rede sein, wenn der Staatsanwalt über einen "nicht unerheblichen Zeitraum fest geschlafen hätte". Darüber schweige sich die Rüge des Angeklagten jedoch aus. Ob tatsächlich gegen Verfahrensvorschriften verstoßen wurde, könne man deshalb gar nicht beurteilen.