Stahl und Glas statt Holz am Balkon
onlineurteile.de - In einer Wohnungseigentumsanlage waren die Balkonbrüstungen sanierungsbedürftig. Die Eigentümer beschlossen — mit qualifizierter Mehrheit, aber nicht einstimmig — die Balkonbrüstungen aus Holz gegen solche aus Stahl und Glas auszutauschen. Die Holzbrüstungen zu sanieren, hätte 70.000 Euro gekostet. Sie durch Stahl- und Glaskonstruktionen zu ersetzen, kostete dagegen weit mehr: 280.000 Euro.
Ein Ehepaar focht den Beschluss der Eigentümerversammlung an, scheiterte damit aber beim Landgericht: Die bauliche Maßnahme verändere zwar die Optik der Fassade, immerhin sei Stahl aber wetterbeständiger als Holz, so das Gericht. Also sei die Maßnahme trotz der höheren Kosten für das Ehepaar nicht nachteilig: Aus diesem Grund habe die Versammlung die Maßnahme trotz der Gegenstimmen beschließen dürfen.
Um das zu beurteilen, reichten die Feststellungen des Landgerichts nicht aus, erklärte der Bundesgerichtshof (V ZR 224/11). Er verwies den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurück, nicht ohne Richtlinien für die Entscheidung vorzugeben.
Ob eine optische Veränderung des Gebäudes ein Vorteil oder ein Nachteil sei, könne man unterschiedlich bewerten, stellten die Bundesrichter klar. Auch wenn Glas und Stahl den Zeitgeschmack träfen, sei ein Nachteil durch das neue Erscheinungsbild des Hauses nicht ohne weiteres zu verneinen. Dann müssten alle Eigentümer der Maßnahme zustimmen.
Eine modernisierende Instandsetzung dürfe die Versammlung mit einfacher Mehrheit beschließen. Da die Holzbrüstungen sanierungsbedürftig seien, könnte man die Baumaßnahme eventuell auch als modernisierende Instandsetzung einstufen. Eine Instandsetzung dürfe dann über eine bloße Reparatur hinausgehen, wenn die damit erreichte Neuerung eine technisch bessere oder wirtschaftlich sinnvollere Lösung darstelle. Um das zu entscheiden, müsse die Vorinstanz Kosten und Nutzen des Austauschs analysieren: Falls sich die Mehrkosten in ca. zehn Jahren amortisierten, bleibe die Maßnahme im Rahmen einer modernisierenden Instandsetzung.
Die Eigentümer wollten veraltete durch zeitgemäße Materialien ersetzen und das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes ansprechender gestalten: Das könne man auch als Modernisierung ansehen. Mit qualifizierter Mehrheit dürften Eigentümer weitergehende Modernisierungsmaßnahmen verabschieden, falls diese den Gebrauchswert der Wohnanlage nachhaltig erhöhten. Der Gebrauchswert könne unter Umständen auch durch eine Balkonsanierung steigen. Für eine sinnvolle Modernisierung gelte aber ebenfalls: Die Mehrkosten müssten in angemessenem Verhältnis zum erzielten Vorteil stehen.