Strahlende Aussichten

Rücktritt von einer Fernostreise nach der Fukushima-Katastrophe war berechtigt

onlineurteile.de - In Kooperation mit einer Zeitung bot ein Reiseveranstalter eine Leserreise in den Fernen Osten an. Die Kreuzfahrt sollte am 31. März 2011 in Peking starten. Exotische Ziele in China, Südkorea, Vietnam und Thailand standen auf dem Programm. Womit niemand rechnen konnte: Am 11. März bebte vor Japans Küste die Erde und löste die Atomkatastrophe in Fukushima aus.

Ein Ehepaar kündigte zehn Tage später die gebuchte Fernost-Kreuzfahrt wegen des "AKW-GAUs" und berief sich auf höhere Gewalt. Es hatte Angst vor radioaktiver Strahlung in der Region und deren gesundheitlichen Folgen. Die Gefahrenlage sei derzeit nicht einzuschätzen.

Der Reiseveranstalter zahlte nur ein Viertel des Reisepreises zurück. Mehr stehe den Kunden nicht zu, meinte er, sie hätten die Gefahr schwer übertrieben. Das Auswärtige Amt habe am 21. März noch keine Reisewarnung ausgesprochen. Der Wind habe das radioaktive Material in erster Linie auf den Ozean hinaus geweht. Südkorea und andere Teile Japans seien zu keiner Zeit bedroht gewesen. Fukushima selbst habe man sowieso nicht angesteuert.

Das Oberlandesgericht (OLG) Bremen zeigte mehr Verständnis für die Ängste der Kunden (2 U 41/12). Sie dürften einen Reisevertrag kündigen, wenn höhere Gewalt ihre persönliche Sicherheit während der Reise gefährde, erklärte das OLG. Richtig sei, dass am 21. März das ganze Ausmaß der Katastrophe noch nicht absehbar war. Gerade deshalb sei es jedoch verständlich, dass das Ehepaar sich Sorgen machte.

Niemand konnte zu diesem Zeitpunkt wissen, wie sich die Lage entwickeln würde. Auch eine Kernschmelze sei möglich gewesen. Die Wetterlage sei ohnehin nicht kalkulierbar: Der Wind hätte zwei Wochen später das radioaktive Material auch in Richtung China wehen können ... Die Annahme, dass es auf der Reise zu folgenreicher Strahlenbelastung kommen könnte, sei also durchaus begründet gewesen.

Die unklaren, widersprüchlichen Stellungnahmen der AKW-Betreiber und der japanischen Behörden hätten auch nicht dazu beigetragen, Ängste aus dem Weg zu räumen, im Gegenteil. Weil die Kündigung des Reisevertrags berechtigt war, musste der Reiseveranstalter den vollen Preis zurückzahlen.